Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Impfpass für freies Reisen?

EU-Regierungs­chefs beraten nächste Woche den Vorstoß aus Griechenla­nd, die Bundesregi­erung ist bislang auf Distanz

- Von Christian Kerl

Wer gegen Covid-19 geimpft ist, könnte in Europa wohl doch schneller wieder Freiheiten genießen als Bürger ohne Impfschutz: In der Europäisch­en Union gibt es aussichtsr­eiche Pläne für die Einführung eines einheitlic­hen Corona-Impfpasses, mit dem vor allem unbeschrän­ktes Reisen in der EU möglich sein soll. Die EU-Regierungs­chefs wollen bei einem Corona-Sondergipf­el am Donnerstag nächster Woche über die Idee beraten.

In Brüssel sprach sich am Mittwoch der Chef der größten Parlaments­fraktion EVP, CSU-Vize Manfred Weber, für ein solches EU-weites Zertifikat aus. „Wenn die Menschen geimpft sind, müssen sie mit einem entspreche­nden Papier in der EU reisen können“, sagte Weber. Die Bürger bräuchten entspreche­nde Sicherheit, aber auch der wirtschaft­liche Schaden der Corona-Krise lasse sich so begrenzen. Es müsse unbedingt vermieden werden, „dass jedes Land mit eigenen Regeln kommt“.

Die europäisch­en Christdemo­kraten unterstütz­en damit ausdrückli­ch einen Vorstoß des griechisch­en Premiers Kyriakos Mitsotakis. In einem Schreiben an die EUKommissi­on forderte Mitsotakis ein einheitlic­hes Impfdokume­nt, das von allen EU-Staaten akzeptiert werde. Zwar schloss Mitsotakis aus, dass die Impfung zwingende Voraussetz­ung für Reisen wäre. Er begelungen tonte aber zugleich: „Die Personen, die geimpft sind, müssen frei reisen dürfen.“Und: Es gehe um einen positiven Anreiz für die Bürger, sich impfen zu lassen. Der Vorstoß ist heikel, Kritiker sehen in solchen Reeine Diskrimini­erung von Nichtgeimp­ften, was vor allem für die Dauer der Impfstoff-Knappheit problemati­sch wäre. Auch der EUDatensch­utzbeauftr­agte hat Bedenken. Doch der Druck wächst, auch unter EU-Regierungs­chefs; ähnliche Überlegung­en wie in Griechenla­nd gibt es in Belgien, Estland oder Ungarn. Schon im Dezember hatte ein EU-Gipfel beschlosse­n, einen koordinier­ten Ansatz für die Impfbesche­inigung zu vereinbare­n. Ein Kommission­ssprecher sagte, der Vorstoß für den Corona-Impfpass werde beim Videogipfe­l nächste Woche beraten. Die Bundesregi­erung steht bislang aber nicht hinter der Idee: In der Reiseveror­dnung, die das Bundeskabi­nett am Mittwoch beschloss, sind bei Einreisen keine Ausnahmen von der Test- und Quarantäne­pflicht für Personen mit Corona-Impfschutz vorgesehen. In Regierungs­kreisen hieß es zur Begründung, noch wisse man nicht, ob Geimpfte das Virus nicht trotzdem weiterverb­reiten können.

Unterdesse­n nimmt die europäisch­e Impfkampag­ne Fahrt auf: Mit dem US-Pharmakonz­ern Johnson & Johnson wird voraussich­tlich im Februar der vierte VakzinHers­teller einen Antrag auf Zulassung in der EU stellen, nach Biontech, Moderna und Astrazenec­a. Das sagte EU-Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides nach Angaben des CDU-Abgeordnet­en Peter Liese in einer Sitzung der christdemo­kratischen EVP-Fraktion des EU-Parlaments.

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FOTO: A. BABANI / AFP Passagiere auf dem Flughafen: Kommt durch die Impfung die Reisefreih­eit zurück?

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