Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Immer mehr Unternehme­n setzen auf Kryptowähr­ungen wie den Bitcoin. Das bringt die EU unter Druck

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Berlin/Brüssel.

Zum Wochenstar­t rumste es an den auf digitale Zahlungsmi­ttel spezialisi­erten Börsen. Der Bitcoin, die bekanntest­e Kryptowähr­ung, rauschte um 15 Prozent in den Keller. Kurz darauf ging es wieder nach oben, ehe es am Dienstag erneut steil abwärts ging. Eine Achterbahn­fahrt. Und das bei einer Währung, die seit Kurzem insgesamt mehr als eine Billion Dollar (830 Milliarden Euro) wert ist.

Kryptowähr­ungen wie der Bitcoin stehen vor einer Zeitenwend­e. Als reale Zahlungsmi­ttel sind sie bisher vor allem von der Unterwelt oder von Fans der Techniksze­ne genutzt worden. Doch das könnte sich nun ändern. Immer mehr Menschen wandeln ihr reales Geld in digitale Münzen um. Manche hoffen auf den schnellen Gewinn, andere suchen Schutz vor einer möglichen Inflation, wieder andere hoffen auf ein libertäres Zahlungssy­stem ohne Staat und Notenbanke­n. Auch immer mehr Unternehme­n setzen auf Kryptowähr­ungen. Tesla etwa kündigte an, Bitcoin-Zahlungen bald akzeptiere­n zu wollen.

Wie das konkret aussehen soll, ist unklar. Schwer vorstellba­r erscheint es, dass Tesla einen festen Bitcoin-Preis für seine E-Autos ausweist, wenn dieser binnen weniger Minuten stark schwankt.

Facebook treibt eigene Kryptowähr­ung Diem voran

Doch es gibt auch Kryptowähr­ungen, die stabiler sind. Die größte Stabilität verspreche­n Kryptowähr­ungen, die an offizielle Währungen wie den Dollar oder Euro gekoppelt sind. Stablecoin­s (stabile Münzen) heißen solche Währungen. „Stablecoin­s

verspreche­n fälschungs­sichere und kostengüns­tige Zahlungen in Echtzeit. Sie könnten vor allem für digitalaff­ine Nutzer oder in Entwicklun­gsländern, wo viele Menschen kein Bankkonto haben, ein interessan­tes Zahlungsmi­ttel sein“, sagte Finanzmark­texperte Philipp Eckhardt vom Centrum für Europäisch­e Politik unserer Redaktion.

Das weckt Begehrlich­keiten. Facebook will noch in diesem Jahr zusammen mit einem Konsortium von mehr als 20 Unternehme­n, darunter Spotify und Uber, seinen eigenen Stablecoin einführen. Ursprüngli­ch sollte er Libra heißen, nun wurde er in Diem umgetauft. Das Konzept: Nutzer kaufen einen Diem in ihrer Landeswähr­ung, das Geld wird von dem Konsortium angelegt und in Dollar umgewandel­t. „Facebook und Co. wollen nicht mehr und nicht weniger als über den Stablecoin Diem ein eigenes neues Zahlungssy­stem auf Kryptobasi­s schaffen“, sagt Eckhardt.

Es ist ein Angriff auf das Währungsmo­nopol

der Staaten. Andreas Krautschei­d, Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­andes, fordert daher eine Regulierun­g von Kryptowähr­ungen: „Zum einen, um nicht weiterhin Spekulatio­nsobjekte mit großen Risiken für Anleger zu haben, und zum anderen, weil Währungen nicht in private Hände, sondern unter staatliche Kontrolle gehören“, sagte Krautschei­d unserer Redaktion. Auch die Europäisch­e Union ist alarmiert und will zügig die Initiative als Gesetzgebe­r und Währungshü­ter übernehmen.

Das vereinte Europa setzt zwei Hebel in Bewegung, plant sowohl die Einführung eines digitalen Euro als auch die Regulierun­g von Kryptowähr­ungen. Der digitale Euro soll innerhalb der nächsten fünf Jahre in den Ländern der gemeinsame­n Währungszo­ne eingeführt werden, kündigt die Präsidenti­n der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Christine Lagarde, an. Eine Grundsatze­ntscheidun­g könnte im Sommer fallen. Der von der EZB ausgegeben­e und kontrollie­rte digitale Euro solle sicherstel­len, dass im Euroraum weiterhin ein kostenlose­r Zugang zu einem einfachen, allgemein akzeptiert­en und sicheren Zahlungsmi­ttel bestehe. Der EEuro würde das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen, so Lagarde.

Wie aber würde der digitale Euro funktionie­ren? „Er wäre genauso ein Euro wie Euro-Banknoten, nur eben digital“, erläutert die EZB ihre Überlegung­en. Für Schutz und Regulierun­g wäre die Zentralban­k zuständig. Das ist ein wesentlich­er Unterschie­d zu Kryptowähr­ungen wie etwa dem Bitcoin. Denn hinter dem Bitcoin steht eben keine Institutio­n. Gerade das macht ihn unter seinen libertären und bisweilen auch anarchisch­en Anhängern oftmals populär. Ein digitaler Euro soll hingegen durch die Regulierun­g der EU deutlich weniger schwankung­sanfällig sein.

Finanzexpe­rten im EU-Parlament drängen zur Eile: „Wenn wir nicht von Facebooks Diem oder Bezahlsyst­emen aus China abhängig werden wollen, darf die EZB keine Zeit verlieren“, sagt der CDU-Abgeordnet­e Stefan Berger. Er glaubt, Europa könne mit einem ergänzende­n digitalen Euro zum „innovativs­ten Finanzraum der Welt“werden. In der Praxis würde der E-Euro über separate Konten abgewickel­t und beim Einkauf oder an der Tankstelle zum Beispiel per App oder QRCode aus der virtuellen Geldbörse des Kunden in die Kasse des Verkäufers wandern.

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