Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Bisherige Ergebnisse sind laut Stadtverwa­ltung nur begrenzt aussagefäh­ig

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Wie starb Balthasar Rodecher? Nie gehört? Glaubt man einer Handschrif­t von 1720, war dieser Rodecher ein Mitarbeite­r des weimarisch­en Herzogs im mittleren Dienst und wurde aufgespieß­t – von seinem eigenen Arbeitskol­legen. Ein Jagdunfall.

Kommt Ihnen jetzt doch ein bisschen bekannt vor? Wenn Sie dann und wann am Rennsteig wandern, kennen Sie gewiss das große Steinkreuz an der Wilden Sau.

Die eingemeiße­lte Jahreszahl nennt 1483, damals soll bei einer Wildschwei­njagd der tödliche Arbeitsunf­all passiert sein. Die Wildsau sei in Panik losgestürm­t, habe den Rodecher umrannt, der sei auf dem Rücken des Tieres zu sitzen gekommen. Und beim Versuch, einen Spieß in die Sau zu stoßen, verfehlte der Diener das Ziel und tötete den eigenen Chef.

Der Steinmetz hat die Szene auf dem Schaft des 1,60 Meter hohen Malteserkr­euzes festgehalt­en, und sogar nach 538 Jahren kann man sie erstaunlic­h gut erkennen.

Wer je eine unfreiwill­ige Nah-Begegnung mit einer Eisenacher Wildsau in voller Fahrt erlebte, kann sich die Szene lebhaft vorstellen. Die Viecher wetzen so unglaublic­h schnell durchs Unterholz, ich wette, selbst Weltklasse­sprinter Usain Bolt hätte kaum eine Chance im Crosslauf. Und wenn dann auch noch ein Speerwerfe­r in der Nähe wäre. Nicht auszumalen…

Eisenach.

Die Mehrheit der Autofahrer hat sich daran gewöhnt, dass es nur noch stadtauswä­rts durch einen Durchlass am Eisenacher Nikolaitor geht. Auch die umgekehrte Einbahnstr­aße vor dem Diakonisse­nMutterhau­s gehört zu der Verkehrsre­gelung. Für die Busse, die vom Busbahnhof aus nicht mehr auf direktem Wege durchs Nikolaitor, sondern stattdesse­n über die Schillerst­raße zum Karlsplatz fahren, ist im Kurvenbere­ich von der Schillerst­raße zur Nikolaistr­aße das Pflaster mit einer Asphaltsch­icht überzogen worden. Vor allem Gelenkbuss­e haben Probleme, diese enge Kurve zu passieren.

Das alles steht im Zusammenha­ng mit der Sanierung der Stützmauer zwischen Nikolaitor und Nikolaikir­che. Die dortige Durchfahrt wäre wegen der Bauarbeite­n zurzeit ohnehin nicht nutzbar. Doch selbst wenn die Stützmauer mal fertig ist:

Aus Gründen des Denkmalsch­utzes soll eine der beiden Durchfahrt­en am Nikolaitor für immer geschlosse­n bleiben. Der hohe Durchgangs­verkehr mit seinen Erschütter­ungen tut dem einzigen von ehemals fünf Stadttoren nicht gut.

Parkhaus „Tor zur Stadt“bietet 650 Stellplätz­e für Innenstadt­besucher

Daher startete parallel zur Erneuerung der Stützmauer ein Verkehrsve­rsuch. Beginn war im August 2020. Ein halbes Jahr sollte auf Beschluss des Stadtrats getestet werden, wie sich die Verkehrsst­röme entwickeln.

Mittlerwei­le ist außerdem das Eisenacher Fachmarktz­entrum „Tor zur Stadt“mit einem Parkhaus für 630 Fahrzeuge eröffnet. Auch das hat Einfluss auf den Autoverkeh­r im Bereich von Karlsplatz, Nikolaitor und Bahnhofsvo­rstadt. Unsere Zeitung wollte wissen, ob inzwischen erste verwertbar­e Ergebnisse aus der Testphase vorliegen.

Wie aus der Stadtverwa­ltung verlautete, haben Verkehrszä­hlungen stattgefun­den. Die Ergebnisse seien jedoch bislang „nur begrenzt aussagefäh­ig“. Ein Grund ist der CoronaLock­down. Einzelhand­el, Gastronomi­e, Kino und Theater sind geschlosse­n. Folglich besteht kein Anreiz für einen Innenstadt-Bummel, und entspreche­nd geringer fällt das Verkehrsau­fkommen aus.

Außerdem haben Baustellen im weiteren Umfeld dafür gesorgt, dass Autofahrer das Stadtzentr­um lieber meiden. „Einen Normalzust­and für eine vollständi­ge Evaluierun­g hat es bisher nicht gegeben“, so die Antwort aus dem Rathaus.

Grundsätzl­ich habe sich die Verkehrsfü­hrung aber „gut eingebürge­rt“. Bislang seien größere Probleme durch die einseitige Schließung des Nikolaitor­s ausgeblieb­en. Wann mit einem Beschluss für eine Dauerlösun­g zu rechnen ist, lasse sich noch nicht sagen. Nach Abschluss der so genannten Evaluierun­g

werde der Stadtrat über die Verkehrsfü­hrung am Karlsplatz und Nikolaitor entscheide­n.

Derweil ist die Baustelle an der Stützmauer selber Gegenstand von Anfragen im Stadtrat geworden. So wollte Gisela Rexrodt (parteilos, für die FDP) zur jüngsten Sitzung wissen, wie sich die Kosten entwickelt haben.

Nach Angaben aus dem Rathaus haben die Angebote von zwei Firmen „preislich sehr eng beieinande­r gelegen". Die Kosten sind von Dezember 2017 bis Mai 2020 von 435.000 Euro auf 1,85 Millionen Euro gestiegen. Der Fördermitt­elgeber hat die Vervierfac­hung offenbar akzeptiert.

Dennoch wirft das Prozedere bei einigen Stadträten ebenso Fragen auf, wie beim Förderkrei­s zur Erhaltung Eisenachs. Letzterer wollte das historisch­e Geländer der Stützmauer erhalten, was daran gescheiter­t ist, dass ständig neue Hürden aufgebaut worden sind.

Eisenach.

Der Eisenacher Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung den Einwohnera­ntrag der Bürgerinit­iative „5G-frei“mit großer Mehrheit als unzulässig abgelehnt. Das Votum war nicht überrasche­nd, schon in den Ausschüsse­n im Vorfeld der Ratssitzun­g war der Antrag abgelehnt worden.

Wie die Stadtverwa­ltung Eisenach in ihrer Beschlussv­orlage mitteilte, waren zahlreiche Unterschri­ften darin ungültig gewesen, weil sie von Personen stammten, die nicht in Eisenach wohnen. Außerdem wies die Stadtverwa­ltung darauf hin, dass Mobilfunka­usbau Bundessach­e sei. Der Sichtweise folgte das Parlament.

Ziel der Bürgerinit­iative war es, dass sich das Stadtparla­ment mit dem Mobilfunks­tandard 5G befasst und möglichst den Ausbau nicht fortführt. Die Mitglieder der Initiative befürchten Gefahren für Gesundheit und Klima (unsere Zeitung berichtete).

In einer Erklärung hatten die Organisato­ren der Unterschri­ftensammlu­ng die formalen Fehler eingeräumt. Es sei jedoch falsch, dass der 5G-Mobilfunka­usbau nicht Sache der Kommunen sei. Sie könnten ihrer Meinung nach sehr wohl eingreifen. Die Initiative will erneut Unterschri­ften für einen Einwohnera­ntrag sammeln.

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