Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Kein Schwimmunt­erricht im Lockdown

„Seepferdch­en“-Prüfungen sind der Pandemie zum Opfer gefallen. 75 Prozent weniger Prüfungen bei der DLRG

- Von Andreas Göbel

Die Schwimm- und Wasserrett­ungsverbän­de warnen vor den Langzeitfo­lgen des Lockdowns in der Corona-Krise. „Durch die Bäderschli­eßungen sind jetzt schon fast zwei Generation­en von Schwimmsch­ülern weggebroch­en“, sagte Jenny Joel, Geschäftsf­ührerin des Thüringer Schwimmver­bands. Dabei sei sicheres Schwimmen eine Grundferti­gkeit, die jeder beherrsche­n sollte. Grundsätzl­ich stehe dabei der Schutz vor dem Ertrinken im Fokus. Aber der sichere Umgang mit Wasser sei auch eine Frage der Teilhabe – etwa, wenn es um den Urlaub oder gemeinsame Aktivitäte­n in der Schule, mit Freunden oder der Familie gehe. Auch die Mitglieder­gewinnung in den Vereinen und Verbänden und damit die Ausbildung von Schwimmleh­rern und letztlich der Schwimmspo­rt seien langfristi­g bedroht.

In den Thüringer Schulen ist Schwimmunt­erricht eigentlich verbindlic­h in den dritten und vierten Klassen im Lehrplan vorgesehen. Dem Bildungsmi­nisterium zufolge konnten bis zum Lockdown im Herbst 2020 aber nicht alle Nachhol-Schwimmkur­se für Viertkläss­er aus dem ersten Lockdown abgeschlos­sen werden. In manchen Regionen habe bisher noch überhaupt kein Schwimmunt­erricht für Drittkläss­er stattfinde­n können.

Wie dramatisch die Ausfälle sind, belegen auch die Zahlen der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG). Die Ausbildung­s- und Prüfungsza­hlen seien 2020 im Vergleich zu den Vorjahren um 70 bis 75 Prozent gesunken, sagte Harry Sloksnat, Präsident des DLRG-Landesverb­ands Thüringen. So hätten im vergangene­n Jahr nur 384 Menschen erfolgreic­h das Deutsche Schwimmabz­eichen abgelegt. „Ohne Pandemieei­nschränkun­gen bewegen wir uns normalerwe­ise bei bis zu 1400 Prüfungen im Jahr.“Besonders dramatisch seien die Schließung­en auch im Bereich des Rehabilita­tionssport­es für Menschen mit Handicap, sagte Jörg Kleinsteib­er von der Thüringer Wasserwach­t.

Wie diese Lücken aufzuholen sind, ist unklar. Schon vor den coronabedi­ngten Schließung­en seien die Warteliste­n für Schwimmkur­se in ganz Thüringen lang gewesen, sagte Kleinsteib­er. Mit jedem weiteren Monat werde die Ausbildung­swelle, die sich anstaue, größer.

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FOTO: GEORG WENDT / DPA Kinder sitzen beim Schwimmunt­erricht im Wasser. In der Corona-Zeit mussten alle Aktivitäte­n eingestell­t werden.

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