Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Kein Schwimmunterricht im Lockdown
„Seepferdchen“-Prüfungen sind der Pandemie zum Opfer gefallen. 75 Prozent weniger Prüfungen bei der DLRG
Die Schwimm- und Wasserrettungsverbände warnen vor den Langzeitfolgen des Lockdowns in der Corona-Krise. „Durch die Bäderschließungen sind jetzt schon fast zwei Generationen von Schwimmschülern weggebrochen“, sagte Jenny Joel, Geschäftsführerin des Thüringer Schwimmverbands. Dabei sei sicheres Schwimmen eine Grundfertigkeit, die jeder beherrschen sollte. Grundsätzlich stehe dabei der Schutz vor dem Ertrinken im Fokus. Aber der sichere Umgang mit Wasser sei auch eine Frage der Teilhabe – etwa, wenn es um den Urlaub oder gemeinsame Aktivitäten in der Schule, mit Freunden oder der Familie gehe. Auch die Mitgliedergewinnung in den Vereinen und Verbänden und damit die Ausbildung von Schwimmlehrern und letztlich der Schwimmsport seien langfristig bedroht.
In den Thüringer Schulen ist Schwimmunterricht eigentlich verbindlich in den dritten und vierten Klassen im Lehrplan vorgesehen. Dem Bildungsministerium zufolge konnten bis zum Lockdown im Herbst 2020 aber nicht alle Nachhol-Schwimmkurse für Viertklässer aus dem ersten Lockdown abgeschlossen werden. In manchen Regionen habe bisher noch überhaupt kein Schwimmunterricht für Drittklässer stattfinden können.
Wie dramatisch die Ausfälle sind, belegen auch die Zahlen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Die Ausbildungs- und Prüfungszahlen seien 2020 im Vergleich zu den Vorjahren um 70 bis 75 Prozent gesunken, sagte Harry Sloksnat, Präsident des DLRG-Landesverbands Thüringen. So hätten im vergangenen Jahr nur 384 Menschen erfolgreich das Deutsche Schwimmabzeichen abgelegt. „Ohne Pandemieeinschränkungen bewegen wir uns normalerweise bei bis zu 1400 Prüfungen im Jahr.“Besonders dramatisch seien die Schließungen auch im Bereich des Rehabilitationssportes für Menschen mit Handicap, sagte Jörg Kleinsteiber von der Thüringer Wasserwacht.
Wie diese Lücken aufzuholen sind, ist unklar. Schon vor den coronabedingten Schließungen seien die Wartelisten für Schwimmkurse in ganz Thüringen lang gewesen, sagte Kleinsteiber. Mit jedem weiteren Monat werde die Ausbildungswelle, die sich anstaue, größer.