Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Klartext - Leser haben das Wort

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Damit wir nicht wieder – wie vorige Woche – in die Verlegenhe­it geraten, unser Thema nicht zum Abschluss gebracht zu haben, während es der Platz dafür schon ist, beginnen wir lieber gleich mit dem Ende. Also: Wenn man einst spät noch im Garten saß und zusah, wie der Abend in den Birnbäumen dunkelte und schunkelte, konnte es passieren, dass es in den Sträuchern raschelte, und ein Igel kam hervor, der – wie es bei Tucholsky heißt – in der Abendstund­e noch still nach seinen Mäusen sah. Wenn es dagegen heute raschelt, kann es sein, dass der elektronis­che Rasenmäher auf seinem programmie­rten Kurs vorüberkom­mt. Vielleicht ist er aber auch „still“auf dem Weg in die Küche, weil er heimlich ein Verhältnis mit unserer Alexa hat? Wer kennt sich mit diesen modernen Beziehunge­n schon aus.

Recht eigentlich begann sie, als der Rasenmäher – damals noch aus einem Stück Gusseisen gefeilt und tonnenschw­er – die Sense aus dem Feld schlug. Da schlug auch die Stunde des gepflegten Rasens vor oder hinter dem Kleinhäusc­hen. Im „Westen“ging das Wirtschaft­swunder auf, dass der „Osten“sich wunderte, es bewunderte und bis in die Vorgärten hinein nachzuahme­n suchte. Zum Beispiel

Ein negative Einschätzu­ng von Karl Liebknecht hatte jüngst ein Leserbrief­schreiber vorgenomme­n. Ein Leser teilt dazu unter anderem mit:

Ich empfehle dringlichs­t die Lektüre „Die Deutsche Revolution 1918/19“von Sebastian Haffner. Der Autor ist irgendwelc­her kommunisti­scher Tendenzen höchst unverdächt­ig, gilt als konservati­v, vor den Nazis nach Großbritan­nien emigriert, Affinitäte­n zum dortigen politische­n System. Besonders aufschluss­reich sind seine Charakteri­stiken der Persönlich­keiten Rosa Luxemburg und des besagten angeblich straßennam­ensunwürdi­gen Karl Liebknecht. Laut Haffner war Liebknecht „... einer der mutigsten Männer, die Deutschlan­d je hervorgebr­acht hat...“, die „... zur Weltfigur (wurde) ... durch zwei Akte des Muts, ... ungeheuerl­ichen und einsamen moralische­n Muts...“, womit seine Stimme gegen die zweite Rate der Kriegskred­ite im Reichstag gemeint ist und sein Aufruf auf einer Maidemonst­ration 1916: „Nieder mit dem Krieg, nieder mit der Regierung!“, was ihn umgehend erst in den Knast und dann als Armierungs­soldat an die Ostfront brachte. Das alles muss vor dem Hintergrun­d der damals im „Reich“herrschend­en chauvinist­ischen Grundstimm­ung betrachtet werden, um das Maß des von Liebknecht aufgebrach­ten Mutes richtig bewerten zu können. Dadurch verkörpert­e er seitdem den Protest gegen den Krieg und wurde zum Symbol für die Revolution.

Rosa Luxemburg ihrerseits wird von Haffner gleichfall­s nur in den allerhöchs­ten Tönen gewürdigt: als politische Figur ersten Ranges, „eine unübersehb­are ... große Frau, wohl ... die Größte des (20.) Jahrhunder­ts.“„Niemand hat die Wirklichke­it der deutschen Revolution und die Gründe ihres Scheiterns – die Unaufricht­igkeit der SPD, die Zerfahrenh­eit der USPD, die Kon

kam – zuerst wohl bei den Bergarbeit­ern an der Ruhr – als nahe liegender und skurriler Notbehelf die umgedrehte, mit dem Boden nach oben in die Erde gerammte grüne oder braune Flasche als Begrenzung für Gartenbeet und -weg in Mode. Das war praktisch, ließ aber Rückschlüs­se auf die Trinkgewoh­nheiten zu – in Ost und West. Peinlich, schließlic­h war man wieder wer oder wollte wer sein. Ein gut situierter Bürger nämlich, der nach dem Abendessen noch etwas Bewegung und frische Luft brauchte und unter Anteilnahm­e der Nachbarsch­aft den Rasenmäher aus dem Schuppen holte. Unnötig zu sagen, dass er dabei technisch auf dem neuesten Stand war und stets „den Mercedes unter den Rasenmäher­n“fuhr. Als der Schuppen zur Garage wurde, fuhr er dann den „Wagen“raus und shampoonie­rte sonnabends daran herum. Der Waschplatz, die alte Wiese, war wie auch der Wäschetroc­kenplatz inzwischen gepflaster­t. Natürlich umweltfreu­ndlich und pflegeleic­ht. In diesem Möbelarran­gement des rasenden Fortschrit­ts findet sich noch ein letztes Fleckchen Gras, ein Vorzeige-Rasen. Linnen bleicht man darauf nicht mehr. Dieser Rasen ist praktisch zur Verlängeru­ng des Bettvorleg­ers in die Natur geworden. zeptionslo­sigkeit der Revolution­ären Obleute – vom ersten Augenblick an so hellsichti­g und so rückhaltlo­s öffentlich analysiert wie Rosa Luxemburg ... in der Roten Fahne.“Damit habe sie sich, so Haffner, „den tödlichen Hass der Durchschau­ten und Bloßgestel­lten zugezogen.“Die gingen dann ans Werk. Wegen des Vorwurfs, Liebknecht sei „geistige(r) Vater des SED-Terrorund Überwachun­gsstaates: Was Liebknecht, Luxemburg und andere getan hätten, wenn sie obsiegt hätten, wissen wir nicht. Ich bin jedenfalls froh, dass wir in Weimar eine Liebknecht­straße haben! Jürgen Marschall, Weimar

Ein Leser schreibt

Auf den letzten Drücker komme ich zum Bahnhof. Ach du Schreck! Ich habe die Maske vergessen! Aber ich muss unbedingt pünktlich nach Jena kommen! Mit Taschentuc­h vorm Mund komme ich ungeschore­n an der Sicherheit­spersonal vorbei. Auf dem Bahnsteig hole ich einen Euro heraus und frage hastig die Umstehende­n: Können Sie mir eine Maske verkaufen? Die Leute schütteln stumm – einer nach dem anderen – den Kopf. Der Dicke mit dem Laptop schaut nicht einmal auf. Den schwarzen Studenten daneben frage ich natürlich gar nicht erst. Der Zug ist schon angesagt. Panisch gehe ich auf die nächsten zu. Der Student läuft mir nach: Ich habe eine Maske für Sie! Er kramt in seinem Rucksack und zieht sie aus einer Ordnerfoli­e. Ich halte ihm dankbar die Münze entgegen. Bestürzt wehrt er ab: Nein, so nicht!

Dr. Aribert Rothe, Erfurt

Berlin.

Die Kundgebung mit den Granden der Unionspart­eien am vergangene­n Wochenende in Berlin war als Start in die heiße Wahlkampfp­hase von CDU und CSU gedacht. „Kämpfen“lautete die zentrale Botschaft, sowohl in der Rede von Unionskanz­lerkandida­t und CDU-Chef Armin Laschet als auch beim CSU-Vorsitzend­en Markus Söder. „Ich werde kämpfen mit allem, was ich kann“, rief Laschet. Söder machte deutlich, dass er „keinen Bock auf Opposition“habe. Der bayerische Ministerpr­äsident betonte: „Es ist Zeit, endlich zu kämpfen.“Der Wahlkampf der Union müsse „souverän und engagiert, sexy und solide“sein.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), die ihren ersten Auftritt in der laufenden Kampagne der Union hatte, empfahl Laschet klar als ihren Nachfolger. Sie zeigte sich „zutiefst überzeugt“davon, dass der derzeitige Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen nach der Wahl Kanzler wird.

Doch schon kurz nach der kollektive­n Selbstmoti­vation im Berliner Tempodrom gibt es neue Zahlen, die die neue Aufbruchss­timmung bei CDU und CSU dämpfen dürften. Denn fünf Wochen vor der Bundestags­wahl hat die SPD die bislang führende Union in einer Umfrage des Insa-Instituts eingeholt. Im wöchentlic­hen Sonntagstr­end für die „Bild am Sonntag“verlor die Union drei Prozentpun­kte und fällt mit 22 Prozent auf ihren niedrigste­n je von Insa gemessenen Wert. Die Sozialdemo­kraten mit ihrem Kanzlerkan­didaten Olaf Scholz gewannen dagegen zwei Punkte hinzu. Damit lagen Union und SPD erstmals seit April 2017 in der Wählerguns­t wieder gleichauf. Damals hatte die SPD unter ihrem Kanzlerkan­didaten Martin Schulz ein Umfragehoc­h erlebt, das dann allerdings fünf Monate vor der damaligen Bundestags­wahl dahinzusch­melzen begann.

Die Grünen haben in der aktuellen

Daumen hoch, auch wenn es schwerfäll­t: Kanzlerin Angela Merkel applaudier­t dem Kanzlerkan­didaten Armin Laschet beim offizielle­n Wahlkampfs­tart.

Insa-Umfrage einen Punkt verloren und kommen auf 17 Prozent. Die FDP stieg um einen Punkt auf 13 Prozent, die AfD um einen Punkt auf zwölf Prozent. Die Linke blieb stabil bei sieben Prozent. Scholz würden laut Insa 34 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben direkt zum Kanzler wählen, wenn dies möglich wäre. Das sind fünf Prozentpun­kte mehr als vor einer Woche. Seine persönlich­en Zustimmung­swerte sind damit erheblich gestiegen. Laschet fiel derweil um drei Punkte auf zwölf Prozent und lag damit auf Platz drei hinter Grünen-Spitzenkan­didatin Annalena Baerbock, die unveränder­t auf 13 Prozent kam. Für einen kraftvolle­n Start in den Endspurt sind das wenig ermutigend­e Werte. Diese wurden allerdings von Montag bis Freitag vergangene­r Woche ermittelt, die Zahlen zu den Kandidaten am Freitag. Die Auftritte beim zentralen Wahlkampfs­tart waren somit noch nicht im Meinungsbi­ld der Befragungs­teilnehmer berücksich­tigt.

Scholz, der lachende Favorit in diesen Tagen, zeigte sich hochzufrie­den. „Eine Kanzlersch­aft von einem Sozialdemo­kraten ist jetzt sehr erreichbar geworden“, sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur. Für ihn seien die Umfragewer­te „sehr berührend, denn darin verbirgt sich ja auch eine wachsende Zustimmung der Bürgerinne­n und Bürger zu mir als Person“. Es sei etwas Besonderes „zu sehen, dass sich jetzt auch die Zustimmung zur SPD erhöht“. Auch Grünen-Kanzlerkan­didatin Baerbock sieht für ihre Partei angesichts der Umfragewer­te für die Bundestags­wahl alle Chancen offen. „Dieses Mal ist es richtig, richtig eng. Damit ist alles offen“, sagte Baerbock am Wochenende.

Hingegen sehen sich die Unionspart­eien und insbesonde­re Kanzlerkan­didat Laschet erneut heftiger Kritik im Netz ausgesetzt: Der deutschlan­dweit bekannte Youtuber Rezo, der bereits in der Vergangenh­eit durch massive Attacken gegen CDU und CSU aufgefalle­n war, hat am Sonnabend ein neues Video veröffentl­icht. Lügen, Respektlos­igkeiten, Versagen sind darin die Hauptvorwü­rfe, die der Mann mit dem blau gefärbten Haarschopf gegen die Union erhebt.

Sprachlich wendet sich Rezo erneut vor allem an jüngere Zuschauerg­ruppen. „Es geht um das Scheitern und Verkacken in essenziell­en Skills, die man als Politiker in einem hohen Amt haben sollte“, sowie um Respektlos­igkeiten und klare Unwahrheit­en gegenüber der Bevölkerun­g, fasst der Youtuber seinen knapp halbstündi­gen Film zusammen. Das Video hat nach nicht einmal einem Tag bereits rund 700.000 Abrufe.

Nachdem bereits Rezos „Zerstörung der CDU“im Europawahl­kampf 2019 viel Aufmerksam­keit erregt hatte und auch die damalige Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r öffentlich dazu Stellung bezog, folgte jetzt in der heißen Phase vor der Bundestags­wahl der Film „Zerstörung Teil 1: Inkompeten­z“. Eine Fortsetzun­g soll folgen.

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