Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
30 Jahre Uefa-Cup (11) Mit Lothar Kurbjuweit sorgt ausgerechnet eine Jenaer Legende für Erfurts größten Erfolg
Vor den Heimspielen zog es ihn stets in den Steigerwald. Doch die Joggingrunden sind mittlerweile passé. Nun setzt er sich lieber aufs Rad oder kümmert sich um die vier Enkel. „Sie sind meine Hauptbeschäftigung“, sagt Lothar Kurbjuweit und lacht. Seit fünf Jahren lebt die Jenaer Club-Legende mit seiner Frau Birgit in Berlin, ist damit den Familien der Kinder nahe. Doch der Fußball begleitet ihn nach wie vor. Gerade schaut er beim JuniorenTraining im Jahnstadion zu – Enkel Raul (10) ist mit Feuereifer dabei.
„Wenn ich ihm den Ball hin rolle, rennt er zumindest nicht weg“, beschreibt der Opa das Talent des Sprösslings augenzwinkernd. Wohl wissend, dass eine erfolgreiche Profikarriere noch viel mehr erfordert. Da muss alles zusammenpassen. Genauso, wie es vor 30 Jahren beim FC Rot-Weiß der Fall war: „Das war eine Geschichte, die auch ein Highlight für mich ist. Und ich habe ja durchaus einiges erleben dürfen“, sagt der 66-malige DDR-Nationalspieler und Rekordspieler des FC Carl Zeiss. Zu seinen 408 Einsätzen gehören 55 im Europacup – so viele hat kein anderer vorzuweisen.
Als Jenas Vereinsikone am Jahresanfang 1990 zum Erzrivalen wechselte, sorgte dies trotz der WendeWirren für Aufsehen. Hans Meyer riet seinem einstigen Schützling sogar davon ab; zu schlecht präsentierte sich die Rot-Weiß-Mannschaft in jener Zeit. Doch gerade diese Lage spornte Kurbjuweit an. Er rettete die Erfurter mit einem Punkt Vorsprung vor dem Abstieg und landete in kaum veränderter Besetzung in der Folgesaison den großen Coup.
Immer an seiner Seite: sein alter Weggefährte Rüdiger Schnuphase als Co-Trainer. Mit ihm funkte der frühere Verteidiger nicht nur fußballerisch, sondern auch menschnen
Fingerzeig: Lothar Kurbjuweit gibt am 11. Mai 1991 beim 2:0-Sieg gegen Eisenhüttenstadt die Richtung vor. Auf der Erfurter Bank verfolgen das Geschehen: (von links) Teamarzt Wolfgang Schuh, Zeugwart „Sakko“Schröder, Masseur Dieter Ehlert und Co-Trainer Rüdiger Schnuphase.
lich auf einer Wellenlänge. Außerdem profitierte er von der Erfahrung des einstigen Mitspielers: „Der ‚Hase‘ kannte den Club und jeden Spieler aus dem Effeff. Da brauchte ich keine Anlaufzeit. Und bei den wichtigen Entscheidungen waren wir uns eigentlich immer einig.“
Im Training setzten beide vornehmlich auf Athletik, Kraft und Kondition; so wie sie es selbst unter Georg Buschner oder Meyer erlebt hatten. Ein unbequemer Weg, der sich im Laufe des Spieljahres jedoch auszahlte: „Die Truppe zerriss sich auf dem Platz; da rannte jeder für jeden. Und in der Rückrunde hatten wir nicht selten den längeren Atem“, erinnert sich Kurbjuweit. Einen musste er sogar bremsen: „Thomas Vogel überschritt auch im Training schon mal Grenzen, emotional und verbal; ging in den Spielen aber immer voran.“
Als der Stürmer am 21. Spieltag seine Erfurter beim unangefochteSpitzenreiter Rostock zum 1:0Sieg schoss, lag Kurbjuweit wegen einer Blinddarm-OP im Krankenhaus: „Da hatte ich das Gefühl, die Jungs sind so fokussiert auf das Ziel, die brauchen gar keinen Trainer“, sagt er und verweist auf die erfolgreiche Bewältigung des bitteren 0:0 eine Woche zuvor gegen Dresden. Zu Hause war den Rot-Weißen ein glasklarer Handelfmeter verweigert worden; eine Szene, die Kurbjuweit auch heute noch nachstellen könnte: „Das brennt sich ein. Denn hätten wir gewonnen, wäre sogar die 1. Bundesliga möglich gewesen.“
Dass sein Team ein paar Wochen später die Zweitliga-Relegation ausgerechnet in „seinem“Jena perfekt machte, ist eine Geschichte, die wohl nur der Fußball schreibt. Es war eines der schönsten torlosen Spiele seiner Karriere – mit nicht enden wollenden Jubelszenen im strömenden Regen des Ernst-AbbeSportfeldes. Das finale 2:1 über Brandenburg mit dem Einzug in den Uefa-Cup stellte anschließend die Krönung der Saison dar.
Die Früchte seiner Arbeit blieben Kurbjuweit jedoch verwehrt. Nach einem Fehlstart in die Zweitliga-Saison – 1:11 Punkte und 5:20 Tore in den ersten sechs Partien – musste er Ende August 1991 seinen Stuhl räumen. „Ich muss gestehen, ich habe die Liga unterschätzt“, gibt er selbstkritisch zu. Auch wenn Kurbjuweit gern auf internationaler Bühne an der Seitenlinie gestanden hätte, fühlte er sich nicht als Sündenbock. Mit einem gewissen zeitlichen Abstand konnte er die Beurlaubung sogar nachvollziehen: „Was blieb dem Verein denn anderes übrig?“
Später kehrte er zu seinem Heimatclub zurück; fungierte in Jena als Trainer, sportlicher Leiter und Präsident. Doch die größte Leistung vollbrachte Kurbjuweit beim Thüringer Rivalen und sagt 30 Jahre danach: „Es war ein kleines Fußball-Märchen, das damals geschrieben wurde.“Eines in Rot und Weiß.
Eugene.
Donnerschlag durch Jamaikas Sprint-Königin Elaine Thompson-Herah, Ausrufezeichen von Gesa Felicitas Krause: Bei einer spektakulären Olympia-Revanche hat es die Leichtathletik-Elite ordentlich krachen lassen. Während die dreifache Tokio-Olympiasiegerin Thompson-Herah beim Diamond-League-Meeting in Eugene mit 10,54 Sekunden die zweitbeste
100-m-Zeit der Geschichte sprintete, überzeugte Hindernis-Europameisterin Krause als starke Sechste.
„Ich bin wirklich glücklich“, sagte Krause, die in einem hochkarätig besetzten Rennen in 9:07,61 Minuten die drittbeste Zeit ihrer Karriere erzielte und deutlich schneller war als bei ihrem fünften Platz in Tokio. Es siegte die Kenianerin Norah Jeruto (8:53,65), die nicht in Tokio am Start war, mit der drittbesten Zeit der Geschichte. Krause ließ immerhin Olympiasiegerin Peruth Chmeutai (Uganda) hinter sich.
Am Schauplatz der kommenden Weltmeisterschaften stellte allerdings Thompson-Herah alles in den Schatten. Bei nur mittelstarkem Rückenwind (0,9 m/s) blieb die 29-Jährige lediglich fünf Hundertstel über der Bestmarke der legendären Amerikanerin Florence Griffith-Joyner
(10,49) aus dem Jahr 1988. „Ich denke, der Rekord ist in Reichweite, weil ich 10,5 gelaufen bin und noch so viel mehr in mir habe“, sagte Thompson-Herah.“