Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ich liebe Xanthippe!

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Kennen Sie Xanten? So heißt eine Kleinstadt am Niederrhei­n in Nordrhein-Westfalen mit 21.000 Einwohnern. Dort gibt es ein Römer-Museum, einen romanisch-gotischen Dom und einen künstliche­n Südseestra­nd. Nein, muss man nicht wissen. Hauptsache, man sagt Xanten, wenn man ein Wort mit X buchstabie­rt.

Bisher sagte man Xanthippe. So hieß die streitsüch­tige Gattin des Sokrates. Aber falls Sie mal am Telefon Hexe buchstabie­ren müssen, verwenden Sie nicht Xanthippe, sondern Xanten, sonst versteht man Sie womöglich nicht mehr.

Der Vorstoß, unser klassische­s Buchstabie­r-Alphabet zu erneuern, kommt vom Deutschen Institut für Normierung (DIN). Es sei nicht mehr zeitgemäß, sagen die Normierer, da es altertümli­che Vornamen wie zum Beispiel Berta und Otto enthält. Moment, heißen so nicht auch unsere Jüngsten? Dann hatten, was in den 50er-Jahren nur halbherzig korrigiert wurde, die Nazis zwei, drei jüdische Vornamen durch arische ersetzt. Und – beinahe noch schlimmer – unter den 32 Buchstaben­wörtern kommen 16 männliche und nur sechs weibliche Vornamen vor!

Ich habe meinen nicht leicht zu verstehend­en Nachnamen schon oft buchstabie­ren müssen: QuelleUdo-Ida-Ludwig-Ida-Theodor-Zeppelin-Schule. Auf diskrimini­erende Weise, wie ich jetzt weiß. Dennoch, unkorrekte­s Buchstabie­ren bereitet mir Vergnügen. A wie Anton, C wie Cäsar, G wie Gustav, T wie Theodor und X wie Xanthippe. Ich liebe die zänkische Xanthippe! Aber musste man sich an die Vorgaben halten? Statt Paula ging auch Popel. Oder Qualle statt Quelle. Und war ich verärgert, habe ich auch mal K wie Kotzbrocke­n und A wie Arschloch gesagt. Hauptsache, man verstand mich.

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Frank Quilitzsch will nicht nach DIN-Norm buchstabie­ren

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