Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Steinmeier ehrt Roland Jahn mit Verdienstkreuz
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den früheren Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und für eine intensive Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte geworben. Die Stasi-Akten seien ein „einzigartiges Vermächtnis“, dank dessen die Deutschen unschätzbar wertvolle und oft auch schmerzhafte Einblicke in die SEDDiktatur gewonnen hätten, sagte Steinmeier. Jahn hatte die StasiUnterlagen-Behörde rund zehn Jahre lang geleitet – bis zu ihrer Auflösung im Juni und der Überführung der Bestände ins Bundesarchiv.
Roland Jahn
Berlin.
Berlin.
Die vierte Corona-Welle in Deutschland wächst langsam, aber beständig. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet seit geraumer Zeit deutlich steigende Ansteckungszahlen. 5747 Neuinfektionen wurden etwa am Dienstag gemeldet. Vor einer Woche waren es noch 3912. Der Trend geht nach oben. Verantwortlich dafür ist die wesentlich ansteckendere Delta-Variante, die inzwischen vorherrschend ist.
Anders als in der Vergangenheit will die Politik künftig aber ohne flächendeckenden Lockdown auskommen. Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet machte eine solche Zusage. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte mit Einschränkung, „für Geimpfte und Genesene“werde es im Herbst keinen Lockdown geben – es sei denn, es entwickele sich eine neue Virusvariante, gegen die die derzeitigen Corona-Impfstoffe nicht helfen. Dies sei derzeit aber nicht zu sehen. Auflagen nur für Ungeimpfte sind laut Spahn bei einer Verschlechterung der Lage aber vorstellbar.
Zugleich nimmt die Bundesregierung bei der Bewertung der Pandemie eine Weichenstellung vor. Der bisherige Richtwert 50 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche soll laut Spahn aus dem Infektionsschutzgesetz gestrichen werden. Stattdessen soll die Belegung der Kliniken mit Corona-Patienten ein Hauptkriterium werden. Grund ist der Impffortschritt. Doch etliche Fragen sind vorerst offen.
Kommt ein Lockdown nur für Ungeimpfte?
Eine solche Möglichkeit erwägt Spahn für den Fall, dass sich die Lage drastisch verschärft. Er betonte, er halte die sogenannte 2G-Regel für einen „vernünftigen Weg“. Sie
Die Gastronomie hat ihre Türen wieder geöffnet, das Leben ist in die Städte und Gemeinden zurückgekehrt.
besagt, dass Geimpfte und Genesene im Alltag gewisse Vorteile erhalten können, die Ungeimpfte selbst bei Vorlage eines aktuellen negativen Corona-Tests nicht haben. Spahn betonte: „Geimpfte und Genesene sollen es durchaus leichter haben.“
Damit wäre die 2G-Regel gewissermaßen ein Lockdown nur für Ungeimpfte. Denkbar ist beispielsweise, dass bei einer Verschlechterung der Corona-Lage Restaurantbesuche oder Veranstaltungen in Innenräumen nur noch für Geimpfte und Genesene erlaubt sind. SPDGesundheitsexperte Karl Lauterbach hält solche Einschränkungen für sinnvoll: „Wenn die Fallzahlen weiter so rapide steigen, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, dann wird es notwendig werden, die Regeln für Ungeimpfte zu verschärfen. Dazu zählt dann auch eine möglichst konsequente 2G-Regel“, sagte Lauterbach unserer Redaktion. Er betonte aber: „Ich gehe davon aus, dass wir einen weiteren Lockdown im Rahmen der Corona-Bekämpfung
nicht benötigen, wenn nicht noch gefährliche Varianten entstehen sollten.“
Was gilt derzeit?
Seit Montag ist bundesweit die sogenannte 3G-Regelung in Kraft. Sie sieht vor, dass der Zugang zu bestimmten Veranstaltungen oder Leistungen auf Geimpfte, Genesene und negativ Getestete (3G) beschränkt ist. Die Regelung ist damit weniger streng als 2G. Nur in Regionen und Landkreisen mit geringen Infektionszahlen kann die 3G-Regel ausgesetzt werden. Spahn hält die Regel derzeit für ausreichend. „Mit der Delta-Variante kommen wir sicher durch Herbst und Winter, wenn sich viele impfen lassen und wir das 3G-Prinzip im Innenraum haben“, sagte er.
Wie ist die Position der Wirtschaft? Vor allem Branchen, die stark von Schließungen betroffenen waren, betonten, dass sie keinen weiteren Lockdown wegstecken können. „Hotels und Gastronomie können keinen weiteren Lockdown verkraften – weder finanziell, psychisch noch emotional“, sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), unserer Redaktion. Eine Einführung der 2GRegel in Innenräumen hält Hartges für die „allerletzte Möglichkeit“, um einen kompletten Lockdown zu verhindern. Auch der Handel lehnt ein erneutes Herunterfahren ab.
Was wird nach der Inzidenz das neue zentrale Pandemie-Kriterium? Künftig soll vor allem die Zahl der
Krankenhausaufnahmen wegen Covid-19 entscheidend sein. Welche Zahl oder Zahlen hier konkret welche Maßnahmen nach sich ziehen werden, ist allerdings noch offen zwischen Bund und Ländern. Zuletzt gab es rund 1,3 schwere Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner in einer Woche, die in klinische Behandlung mussten. Auf dem Höhepunkt der Pandemie lag dieser Wert in Deutschland bei über zehn. Intensivmediziner halten die Änderung im Grundsatz für richtig, warnen aber davor, die Inzidenz ganz aus dem Blick zu verlieren. Denn es gebe generell einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Neuinfektionen und der Klinikbelegung.
Warum verliert die Inzidenz überhaupt an Aussagekraft?
Weil mehr Menschen gegen Covid19 geimpft sind. Damit sinkt für sie das Risiko einer schweren Erkrankung, auch wenn sie sich weiterhin anstecken können. Aussagekräftiger ist aber, wie viele Infizierte in klinische Behandlung müssen.