Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Kritik an Wegfall der Testpflicht
Bildungspolitiker: Holter setzt auf Durchseuchung
Angesichts der neuen Pläne für eine Teststrategie an Thüringer Schulen wirft der SPD-Politiker Thomas Hartung Bildungsminister Helmut Holter (Linke) vor, auf eine Durchseuchung in den Schulen zu setzen. „Das ist verantwortungslos“, sagt Hartung. Ohne Tests müsse man damit rechnen, dass sich an Schulen alle, die nicht geimpft oder genesen seien, mit dem Coronavirus infizierten. Nach derzeitiger Lage seien das zwischen 150.000 und 200.000 Schüler. Zehn Prozent davon könnten Long Covid bekommen, rechnete Hartung vor. Das Bildungsministerium prüft, eine zweiwöchige Corona-Testpflicht an Schulen nur dann einzuführen, wenn eine Region die höchste Warnstufe beim Infektionsgeschehen erreicht hat.
Wachsenburg, Mühlburg, Wanderslebener Gleiche: „Wenn ich die drei Burgen sehe, muss ich jedes Mal lächeln“, sagt Stephan Ostermann. Der gebürtige Niedersachse lebt seit 2013 in Arnstadt. Ursprünglich war Ostermann wegen der Arbeit hierher gezogen, wo er dann auch seine zweite Frau kennenlernte. Mittlerweile habe er in Thüringen schon einen größeren Freundeskreis als in der alten Heimat in Lehrte: „Mir fällt nichts ein, was mich hier wegbringen könnte.“
Als gelernter Industriekaufmann arbeitet Stephan Ostermann im Verkaufsmanagement eines Elektronikkonzerns. Dabei startete er seine Laufbahn noch bei einem Hersteller für Gas- und Ölbrenner. Doch in den frühen 2000er-Jahren, sagt er, habe er die Welt der erneuerbaren Energien als Beruf und auch als Leidenschaft entdeckt: „Da war dieses Gefühl, dass ich an meiner Arbeit Spaß habe und gleichzeitig etwas Gutes tue.“
Ostermann erlebte damals den Boom der Solarbranche mit, aber auch deren Krise ab 2010. Durch den Verdrängungswettbewerb mit China fielen damals am Erfurter Kreuz, dem Industriegebiet nördlich von Arnstadt, Tausende Jobs weg. Auch Ostermann musste mehrfach den Arbeitgeber wechseln: „Die europäischen Firmen, die heute noch da sind, haben sich in Nischenmärkten behauptet.“Nun sollen um die 2000 neue Arbeitsplätze durch den chinesischen Batterie-Riesen CATL entstehen.
Mit der Leidenschaft für erneuerbare Energien sei für Ostermann auch das Interesse an grüner Politik gestiegen. 2019 tritt er bei den Grünen ein, im Oktober 2020 wird er in den Arnstädter Stadtrat gewählt. Die Grünen erringen da erstmals seit zwanzig Jahren zwei Sitze. Nun tritt er auf der Landesliste zur Bundestagswahl an.
Für Ostermann gehört zur grünen Politik mehr, als nur Blühwiesen anzulegen und Bäume zu schützen. Seine Partei hat in Arnstadt, generell in Thüringen, keinen leichten Stand. Es geht für ihn auch darum, Vorurteile über den Osten abzubauen. „Ich möchte zeigen, dass die Stadt vielfältig und Thüringen nicht nur braun ist.“
So unterstützt er etwa auch Bündnisse gegen Rechtsextremismus in Arnstadt und Ilmenau. Gerade in Orten wie Arnstadt sei es wichtig, für eine vielfältige Gesellschaft einzutreten. Dazu gehöre es auch mal in der Kneipe nebenan im Dialog mit Kritikern Vorurteile anzusprechen und darauf einzugehen.
Obwohl die Chance mit Listenplatz sechs in den Bundestag gewählt zu werden, relativ gering ist, sei der Einsatz für Vielfältigkeit eine der großen Motivationen für Stephan Ostermann: „Wenn ich dazu beitragen kann, dass weniger AfD und NPD gewählt wird, dann ist das schon ein großer Beitrag, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“
Die soziale Ungerechtigkeit, in Deutschland und auch weltweit, sieht Ostermann ebenfalls als großes Problem an. Auf viele wichtige Themen, wie etwa die Verbesserung der Entwicklungshilfe, könne nur über den Bundestag Einfluss genommen werden.