Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Juristisches Neuland
Es ist schon öfter vorgekommen, dass Landtagsabgeordnete ihre Fraktionen verließen. Der Linke Thomas Hartung fühlte sich diffamiert und wechselte zur SPD.
Der ehemalige Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz kehrte aus Verärgerung über Bundeskanzlerin Angela Merkel seiner CDU-Fraktion den Rücken. Er saß danach ebenso als Einzelabgeordneter im Parlament wie Siegfried Gentele, Oskar Helmerich und Jens Krumpe, die bei der AfD hinschmissen.
Nie jedoch waren durch die Austritte Fraktionen zur Gruppe geschrumpft. Deshalb sind deren Rechte bislang nirgendwo definiert.
Das wird sich nun ändern. Die FDP wird die erste Gruppe im Thüringer Landtag werden. Und damit einmal mehr Geschichte schreiben.
Dabei steht fest, dass es bei einer bestimmten personellen und finanziellen Grundausstattung bleiben muss. Nur so wird es den vier verbliebenen Abgeordneten möglich sein, ihre Arbeit zu machen. Sie müssen weiter Anträge und Beschlussvorlagen erarbeiten und – wenn auch kürzer – im Landtag Reden halten dürfen.
Um ihre Parlamentstätigkeit ordnungsgemäß auszuüben, müssen sie auch Ausschussmitglieder stellen können. Aber wenn die FDP nicht mehr in jedem Ausschuss sitzen sollte: Wer stellt sicher, dass die Mehrheitsverhältnisse in dem Gremium immer noch das Landtagswahlergebnis widerspiegeln?
Bei allen ihr zustehenden Rechten: Eine Gruppe von nur vier Abgeordneten sollte anders behandelt werden als eine Fraktion mit mehr als 20 Parlamentariern.
Nur wie genau?
Bis der Landtag im September wieder zusammenkommt, gibt es noch jede Menge Klärungsbedarf.