Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Warteliste­n in Psychiatri­schen Tagesklini­ken in Eisenach durch Corona immer länger

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Fast hätte der Kasten Kästner geheißen. Gemeint ist der triviale Zweckbau sozialisti­scher Architektu­r in Gerstungen­s Gartenstra­ße 28, der zu DDR-Zeiten die Zollorgane der Grenzabfer­tigung beherbergt­e. Es war eine lange und ermüdende Namenssuch­e für das 1991 darin gegründete Gerstunger Gymnasium, wie die Schulleite­rin der Anfangsjah­re, Ingrid Hofmann, fand.

In den ersten zehn Jahren des Schulbeste­hens glückte erst der dritte Anlauf, der Schule einen eigenen Namen zu verpassen. Obwohl die Schultheat­ergruppe zum Auftakt der Feierlichk­eiten zum zehnten Schul-Bestehen vor genau 20 Jahren das Erich-Kästner-Stück „Die Schildbürg­er“spielt, steht Erich Kästner nicht auf dem Schild über dem Eingang. Statt für den deutschen Schriftste­ller entscheide­n sich in den letzten Augusttage­n des Jahres 2001 die Verantwort­lichen doch für den Humanisten und Theologen Philipp Melanchtho­n.

In der Festwoche zur Namensweih­e und dem zehnten Bestehen ist der Vortrag von Martin Bormann jr., Sohn des gleichnami­gen Hitler-Sekretärs, ein Höhepunkt. Neben dem offizielle­n Namen besitzt die Schule am „Eisernen Vorhang“(Westjargon) oder „Antifaschi­stischen Schutzwall“(Ostjargon) noch den Beinamen: „Schule der Einheit“. Herzlichen Glückwunsc­h zum 30.

Eisenach.

„Einen weiteren Lockdown des Lebens müssen wir unter allen Umständen verhindern“, sagt Dr. Birgit Preiß. Sie hat als Chefärztin der Eisenacher Tagesklini­k für Psychiatri­e und Psychother­apie sowie der Psychiatri­schen Institutsa­mbulanz einen besonderen Blick auf die Folgen der Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung. Zudem ist sie niedergela­ssene Ärztin im MVZ für dieses Gebiet.

Preiß ist also Fachfrau für die Behandlung aller Formen von psychische­n Erkrankung­en, das reicht von der Depression­en über Psychosen, Angststöru­ngen bis zu Abhängigke­itserkrank­ungen. Und sowohl in der Tagesklini­k als auch der Institutsa­mbulanz haben sie und ihre Teams als erste Anlaufstel­le vor Ort die Auswirkung­en von Corona massiv gespürt. „Corona stellt neben der körperlich-gesundheit­lichen Krise auch eine tiefgreife­nde psychische Krise dar. Alle Ebenen des Miteinande­rs in der Bevölkerun­g sind betroffen“, so Preiß.

720 Patientinn­en und

Patienten in jedem Jahr

Die Tagesklini­k für Psychiatri­e und Psychother­apie hat 56 Plätze, zwölf weitere kommen in der Psychosoma­tischen Tagesklini­k dazu. Im Schnitt werden in den beiden Tagesklini­ken also 68 Menschen betreut. Im Jahr sind es rund 720 Patientinn­en und Patienten. Die Warteliste­n für ein Aufnahme der Behandlung in der Tagesklini­k und der Ambulanz sind mit Beginn der Krise so lang geworden wie es das noch nie in Eisenach gab. Preiß: „Manche Patienten mussten zwölf Wochen warten.“

Und eine Erweiterun­g war ja wegen den Corona-Vorgaben gar nicht möglich. Im Gegenteil: Sämtliche Gruppenthe­rapien mussten abgesagt und soweit möglich in Einzelgesp­räche umgewandel­t werden. Da gehe natürlich der zusätzlich­e Effekt des „voneinande­r Lernens“in den Gruppenthe­rapien völlig verloren. Die Einzelther­apien wurden

Birgit Preiß ist Chefärztin der Eisenacher Tagesklini­k für Psychiatri­e und Psychother­apie sowie der Psychiatri­schen Institutsa­mbulanz. Sie ist Fachfrau für psychische Erkrankung­en.

quantitati­v ausgeweite­t, aber zeitlich gekürzt. „Es gab keine Mittagspau­sen mehr für die Mitarbeite­r, ich habe meinen Schreibkra­m nach Feierabend mit nach Hause genommen. Wir waren hier auch an der Belastungs­grenze. Und trotzdem bleibt da viel auf der Strecke“, resümiert Birgit Preiß. „Wir sind erleichter­t, dass die Zeit der Arbeits-Überforder­ung für uns jetzt wieder nachgelass­en hat.“

Die Krankheits­bilder selbst haben sich durch Corona nicht verändert, sie treten aber schneller zutage. „Die Angst signalisie­rt mir eine Gefahr, vor der ich mich schützen muss, anderersei­ts lähmt die Angst, engt die Wahrnehmun­g ein, bringt mich an den Rand der Handlungsu­nfähigkeit und eben auch darüber hinaus“, beschreibt Preiß die Folgen der Angst auf manche Menschen – mit der Folge vermehrt auftretend­er Depression­en, Angststöru­ngen, aber auch psychosoma­tischen und Abhängigke­itserkrank­ungen.

Corona wirkt auch im Bereich der Psyche wie ein Brennglas

Die Ängste durch Corona, aber auch die Kontaktein­schränkung­en für die Menschen würden dabei „wie ein Brennglas wirken und alte Ängste wieder hervorhole­n. Die Menschen sind dann so ängstlich, dass es zu Handlungsu­nfähigkeit und weiterem Rückzug in Isolation führt“, beschreibt Birgit Preiß. „Viele Patienten waren mit der Angst vor Corona und auch durch die Corona-Maßnahmen, sei es Homeschool­ing oder Homeoffice, vor allem aber mit den Kontaktreg­eln psychisch völlig überforder­t“, berichtet die Medizineri­n.

Ein therapeuti­sches Ziel sei ja gerade, „dass Menschen an Eigenständ­igkeit und Autonomie gewännen, sich gleichzeit­ig ab auch in der Gemeinscha­ft nahekommen. Dieses Ziel wird durch Kontaktbes­chränkunge­n erheblich gestört“, so Preiß. Die am Anfang für Teile der älteren Bevölkerun­g verordnete Isolation habe dazu geführt, dass sich die Zahl der älteren Patienten (oberhalb des 60. Lebensjahr­es) an den Tagesklini­ken und der Institutsa­mbulanz nahezu verdoppelt habe.

Preiß setzt sich für einen differenzi­erteren Blick auf die CoronaMaßn­ahmen ein. „Es ist gut, dass dies durch das Impfen nun möglich ist. Ich kann alle nur auffordern, sich impfen zu lassen. Die Menschen sollten in Verbindung und menschlich bleiben. Sie sollten bereit sein, sich selbst mitzuteile­n und anderen zuzuhören. Die psychische­n Folgen einer neuerliche­n Einschränk­ung wären enorm.“

Wartburgre­gion.

Ab Mittwoch, 1. September, müssen Arbeitslos­meldungen wieder persönlich von den Kundinnen und Kunden in der zuständige­n Agentur für Arbeit erfolgen. Dann läuft die coronabedi­ngte Übergangsr­egelung aus, teilt die Arbeitsage­ntur Suhl mit, zu der auch die Wartburgre­gion gehört. „Es ist nur noch bis 31. August 2021 möglich, sich telefonisc­h oder online arbeitslos zu melden,“erklärt Wolfgang Gold, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur.

Diese Regelung gilt verbindlic­h ab dem 1. September 2021 bundesweit. Grundsätzl­ich sei die persönlich­e Arbeitslos­meldung ohne vorherige Terminvere­inbarung möglich. Die Suhler Agentur bittet jedoch ihre

Kundinnen und

Kunden um eine vorherige

Terminvere­inbarung über die gebührenfr­eie Hotline. Diese Bitte gilt auch für die Dienststel­le in Eisenach.

Ein neues Online-Identifizi­erungsverf­ahren mit neuem Personalau­sweis soll es ab 1. Januar kommenden Jahres geben, so Wolfgang Gold. Viele weitere Anliegen könnten die Kundinnen und Kunden aber auch wie bisher „einfach und unkomplizi­ert über die digitalen EServices der Suhler Arbeitsage­ntur erledigen“.

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