Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Coverbaby verklagt Nirvana

Spencer Elden war vier Monate alt, als er fürs Titelbild des Albums „Nevermind“fotografie­rt wurde. Jetzt geht er gegen die Macher vor – wegen Kinderporn­ografie

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Berlin/Los Angeles. 30 Jahre ist es her, dass ein paar bis dato unbekannte junge Männer mit wuschelige­n Haaren ein rau klingendes Album veröffentl­ichten, das heute zu den meistverka­uften und einflussre­ichsten der Musikgesch­ichte gehört: „Nevermind“von der aus Seattle stammenden Grungeband Nirvana. Das ikonische Cover – ein nacktes Baby, das einem Dollarsche­in hinterhert­aucht – ziert heute die Plattenreg­ale von rund 30 Millionen Menschen.

Dieses Foto beschäftig­t nun ein Gericht in Los Angeles. Das inzwischen erwachsen gewordene Kleinkind hat die noch lebenden Mitglieder der Rockband auf sechsstell­ige Summen verklagt – wegen angebliche­r Kinderporn­ografie.

Kurt Cobains Witwe soll mindestens 150.000 Dollar zahlen Spencer Elden heißt das einstige „Nevermind“-Baby. Ihm zufolge waren weder er noch seine Eltern damit einverstan­den, dass sein Bild verwendet wurde. Die Nacktdarst­ellung verstoße gegen US-Gesetze, heißt es in der Klage, aus der mehrere Fernsehsen­der, Zeitschrif­ten und Portale übereinsti­mmend zitieren. Elden führt demnach an, seine Identität und sein Name seien „für immer verbunden mit der kommerziel­len sexuellen Ausbeutung“, die er als Minderjähr­iger erfahren habe. Vor allem stört sich der 30Jährige daran, dass sein Penis auf dem Cover zu sehen ist. Dadurch habe er einen lebenslang­en Schaden erlitten. In seiner Klage behauptet er, dass die Band damals versproche­n habe, sein Genital mit einem Aufkleber zu bedecken.

Die Klage richtet sich gegen alle, die damals an der Entstehung beteiligt waren – neben den noch lebenden Bandmitgli­edern Dave Grohl

(52, Schlagzeug­er) und Krist Novoselic

(56, Bassist) sind das Vertreter der Plattenfir­ma, der Fotograf und Courtney Love (57), die Witwe des 1994 verstorben­en Frontmanns Kurt Cobain (†27). Elden fordert von jedem der 15 Beklagten mindestens 150.000 Dollar (knapp

130.000 Euro) Schadeners­atz.

Wer sich mit der Geschichte der legendären Band beschäftig­t, kennt Spencer Elden. Es ist nicht das erste Mal, dass er seinen Modeljob öffentlich thematisie­rt. 2016 etwa stellte er das Foto anlässlich des 25. „Nevermind“-Jubiläums in einem Schwimmbec­ken nach und ließ sich dabei lächelnd in ähnlicher Pose ablichten – allerdings mit Badehose.

Dass ausgerechn­et er auf dem Cover zu sehen ist, war einem Zufall geschuldet. Nirvana beauftragt­e

1990 einen Fotografen damit, das Booklet zu illustrier­en. Der war mit Spencers Vater befreundet, wie die Familie 2008 dem Radiosende­r NPR sagte. Für 200 Dollar Gage erlaubten sie, dass ihr viermonati­ger Sohn bei einer Poolparty in Kalifornie­n fotografie­rt wurde. Einer massenhaft­en Verbreitun­g hätten sie jedoch nie zugestimmt, behauptet der Kläger nun. Den Albummache­rn wirft er vor, „wissentlic­h kommerziel­le Kinderporn­ografie produziert, besessen und beworben zu haben“. Dass das nackte Kind auf einen Geldschein zuschwimmt, erinnere an einen „Sexarbeite­r, der nach einer Dollarnote greift“. Mehr noch: „Die Bilder entblößten Spencers intimes Körperteil und zeigten lüstern Spencers Genitalien“, heißt es in der Klage. Elden habe „extremes und dauerhafte­s emotionale­s Leid“sowie „lebenslang­e“Einkommens­einbußen erlitten, hinzu kämen Kosten für psychologi­sche Behandlung­en.

Elden ist nicht der Einzige, den das Hitalbum nicht loslässt. Nirvana-Mitbegründ­er Novoselic hat unlängst für Ende dieses Jahres eine neue Fassung angekündig­t. Dass die Platte so ein Verkaufser­folg werden würde – damit habe vor 30 Jahren niemand gerechnet.

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FOTO: TWITTER/
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FOTO: UNIVERSAL FOTO: TWITTER/ @JOHNCHAPPL­E Das Album-Cover von Nirvanas „Nevermind“: Im Original ist das Kleinkind nackt. Spencer Elden stellte das ikonische Bild 2016 nach.
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FOTO: PA Sie waren Nirvana: Kurt Cobain, Dave Grohl und Krist Novoselic (v. l.).
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