Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Klartext - Leser haben das Wort
Liebe Leserinnen, liebe Leser. Es ist in Thüringen ziemlich klar, wer Platz 1 belegt in der Disziplin: Falsche Versprechen machen, indem behauptet wird, die Pandemie sei zu Ende. Das kommt knapp nach dem Fake-Wettbewerb „Es gibt gar kein Corona“der Komplettleugner.
Nun dauert all das, was alle Menschen beeinträchtigt und bereits viel zu viele Leben gekostet hat, schon so lange an, dass sich die einen kaum noch vorstellen können, wie es wohl ist, wenn es je wieder anders wird, während andere ihre Maske nur noch als Doppelkinn-Blende tragen – und ein Gesicht zur Schau stellen, das signalisiert: Sprich mich bloß nicht auf meine verrutschte Rotzbremse an, sonst hau ich dir eine rein. Zugleich sagen viele: Wenn impfen
Zur Impf-Party in der Erfurter Messe schreibt ein Leser:
Halten „die“uns eigentlich „alle“wirklich für blöde? Kann doch nicht sein, oder? Die feiern da eine Party in Erfurt für Geld ohne Ende. Corona ist für die wohl gegessen? Sie sollten sich mal die aktuellen Zahlen anschauen und sich „was“schämen! Und endlich was einfallen lassen! Das Geld für diese Party hätten andere dringender gebraucht, viel dringender: Pflegekräfte, Krankenhäuser, Krankenschwestern, Kindergärten, Schulen, zahlreiche ehrenamtliche Helfer … Aber gut, Hauptsache es hat „ihnen“allen Spaß gemacht und sie haben sich auf Kosten der Steuerzahler gut amüsiert. Eigentlich müsste man die Verantwortlichen privat zur Kasse bitten. Mal sehen, wann die nächste Party steigt, wahrscheinlich dann, wenn wir den Höchstwert bei Corona erreicht haben. Alles einfach nur krank, aber bitte mit Maske und 3G.
D. Marx, Wohlborn
Ein Leser schreibt:
Dem Leserbrief vom Familie Bock bezüglich eines „Herzlichen Empfanges in Fulda 1989“kann ich aus vollem Herzen zustimmen und als damaliger Zeitzeuge nur bestätigen: Denn als meine Frau und ich als Höhepunkt unserer ersten gemeinsamen West-Rundreise am 9. November 1989 abschließend die zahlreiche Fuldaer Verwandtschaft besuchen wollten, da herrschte dort nicht nur große Freude über unseren erste Visite im Haus der Großeltern am Severiberg 12 (keine 100 Meter vom Dom entfernt). Die famihilft, warum wird es dann nicht zur Pflicht? Und sie haben auch gleich die Antwort parat: Weil es nix bringe… Also eigentlich, weil sie an die Unwirksamkeit glauben wollen. Wo kein Wissen und kein Vertrauen, wächst kein Wollen.
Manche brauchen den Druck durch die baldige 2G-Regel, ehe sie sich doch noch aufmachen.
Und dann erzählt mir eine Verkäuferin an der Backtheke, dass sie zu Hause zwei Krebserkrankte hat, die sie nicht anstecken möchte. Sie ist geimpft. Und jeden Tag kommen Menschen ins Geschäft, die ihr frech Zettel entgegenhalten, die besagen, dass sie nicht einmal für zwei Minuten eine Maske aufsetzen können. Es ist zum Heulen, wie unterentwickelt die Rücksichtnahme mancher Menschen ausgeprägt ist. g.sommer@tlz.de liäre Begeisterung wurde zur rauschenden häuslichen Sektparty, als sich in der Nacht die Berliner Mauer öffnete und uns ungeahnte Perspektiven aufgingen …
Natürlich wurde die für den übernächsten Tag geplante Heimfahrt nach Erfurt vertagt, und so waren wir am 12. November auch auf dem Fuldaer Domplatz dabei – und sangen dort in großer Runde tief gerührt erstmals in unserem Leben öffentlich das Lied von „Einigkeit und Recht und Freiheit“.
Nahe bei uns standen Alfred Dregger und OB Hamberger, aber auch einige aus Erfurt ins Fuldaer Mutterhaus geeilte Vinzentinerinnen (aus dem Waisenhaus und dem Katholischen Krankenhaus) sowie unser Erfurter Dompfarrer.
Die Dankbarkeit und Freude aller war riesig. Bei mir nicht zuletzt auch deshalb, weil ich meinen Bruder, der uns vier Wochen zuvor über Ungarn verlassen hatte, in Fulda wieder traf.
Gemeinsam gingen wir zwei Erfurter Karnevalisten dann sogar zur Fuldaer Karnevalsgesellschaft, die am 11.11. im Kolpinghaus die Saison eröffnete. Der ganze Saal feierte uns Erfurter dort, wie man heute wohl nur noch Fußballidolen huldigt. Ja, Fulda 89 bleibt auch uns unvergesslich.
Michael Meinung, Erfurt
Zu „Warum private Radiosender investieren“schreibt ein Leser:
In dem Beitrag heißt es: Das Digitalradio DAB+ ist in Thüringen mit fünf Programmen an den Start gegangen. Das bezieht sich vorwiegend auf die regionalen Thüringer Sender, die per DAB+ empfangbar sind. Seit 2011 senden aber auch viele öffentlich-rechtliche sowie Privatsender schon auf diesen Medium – und zwar aus Kostengründen. Damit können in Thüringen bis zu 28 Sender empfangen werden, unter anderem Deutschlandfunk, aber auch verschiedene spezielle Sender wie Radio Horeb, Radio Erf sowie beliebte Sender mit unterschiedlichen Musik-Programmen.
W. Körner, Dingelstädt
Berlin.
Bis zum Weihnachtsfest sind es nur noch etwa sechs Wochen. In den ersten Städten beginnen die Aufbauarbeiten für die Weihnachtsmärkte. Doch die Vorfreude auf gemütliches Glühwein-Trinken in der Menge ist getrübt. Denn das Coronavirus grassiert in Deutschland in einem bislang nicht da gewesenem Ausmaß. Die Neuansteckungen haben einen neuen Höchststand erreicht.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermeldete am Mittwoch eine Sieben-Tage-Inzidenz von 232,1 pro 100.000 Einwohner und 39.676 Neuinfektionen binnen 24 Stunden – beides Rekordwerte in der Pandemie. Zudem wurden 236 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet. In Bayern hat sich die Lage so sehr verschärft, dass der Katastrophenfall ausgerufen wurde, um die Pandemiebekämpfung besser koordinieren zu können.
Angesichts einer solchen Entwicklung wächst bei vielen Menschen die Sorge vor einer dramatischen Zuspitzung der Lage vor dem Fest. In vielen Familien laufen die Planungen für die Feiertage und es scheint keineswegs ausgeschlossen, dass Corona das zweite Jahr in Folge ein beschaulichen Fest im im Kreis der Lieben verderben könnte.
Um die Lage im Griff zu behalten, fordern Experten jetzt härtere Maßnahmen. Deutschlands Top-Virologe Christian Drosten sprach im NDR-Podcast von einer „echten Notfallsituation“und hält neue Kontaktbeschränkungen für unumgänglich. „Wir müssen jetzt sofort etwas machen“, sagte der Leiter der Virologie an der Berliner Charité: „Wir müssen also jetzt die Infektionstätigkeit durch Kontaktmaßnahmen wahrscheinlich wieder kontrollieren – nicht wahrscheinlich, sondern sicher.“Delta habe die Karten neu gemischt. Drosten erwartet einen „sehr anstrengenden“
In vielen Städten – wie hier in Berlin – werden bereits Weihnachtsmärkte errichtet. Doch ob sie öffnen können, erscheint zunehmend fraglich.
Corona-Winter „mit neuen, sagen wir ruhig: ShutdownMaßnahmen“. Er betonte, die vierte Welle werde uns „monatelang beschäftigen“.
Sollte es bei den Impfzahlen keine Fortschritte geben, ist laut Drosten mit mindestens weiteren 100.000 Corona-Toten zu rechnen. Dies sei eine „konservative Schätzung“, warnte der Virologe. Mittel- und langfristig könne die Pandemie nur besiegt werden, indem man die Impflücken schließe. Das „ideelle Ziel“müsse „eine dreifach komplett durchgeimpfte Bevölkerung“sein.
Rechtlich ist ein bundesweiter Lockdown nach dem Auslaufen der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“am 25. November zwar nicht mehr möglich. Auch die Ampelpartner SPD, Grüne und FDP planen hier keine Nachfolgeregelung. Laut Bundesgesundheitsministerium können die Länder bei einer Eskalation der Infektionslage aber örtlich Lockdown-Maßnahmen verhängen.
Ähnlich drastisch wie Drosten äußerte sich am Mittwoch der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Gerald Haug, im Hinblick auf die nächsten Wochen und Monate. „Für Deutschland wird der bevorstehende Winter eine gesellschaftliche und medizinische Herausforderung infolge eines Mangels an Prävention,
klaren Regeln und Stringenz“, konstatierte Haug. Die Leopoldina-Forscher empfehlen deshalb eine Impfpflicht für „Multiplikatorengruppen“wie Pflegekräfte, eine Ausweitung der 2G-Regel (Zutritt nur für Geimpfte und Genesene) und die Möglichkeit für Arbeitgeber, bei ihren Angestellten den Impfstatus abzufragen. Bislang ist dies aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten.
Wegen der Zuspitzung der Lage hat die Berliner Charité wie auch andere Krankenhäuser wieder damit begonnen, nicht notfallmäßige
Christian Drosten
Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen
Operationen zu verschieben, um das medizinische Personal wieder vermehrt auf den Corona-Stationen einzusetzen. „Die steigende Zahl von zu behandelnden Covid-19-Patientinnen und -Patienten macht diesen Schritt nötig“, sagte ein Sprecher unserer Redaktion.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, selbst Arzt, hält ein Weihnachten ohne Lockdown trotzdem noch für möglich: „Noch haben wir in der Hand, wie die Corona-Lage an Weihnachten sein wird“, sagte er unserer Redaktion: „Wer sich heute noch impfen lässt, kann sich und seiner Familie ein sicheres Weihnachten ermöglichen.“Klar sei aber auch, dass die derzeitige Lage „eine Warnung an uns alle ist“. Durch die Mischung aus zu vielen Ungeimpften und zu vielen Neuinfektionen sei das Gesundheitssystem schon jetzt an der Belastungsgrenze, sagte Dahmen.
Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt wegen der kritischen Lage mit Nachdruck auf eine rasche Bund-Länder-Abstimmung mit den Ministerpräsidenten. Die Pandemie breite sich in dramatischer Weise aus, so Regierungssprecher Steffen Seibert. Unter den Ländern gab es dazu aber keine einheitliche Linie. Am Donnerstag will der Bundestag das Corona-Regelwerk beraten, das die Partner der mutmaßlich nächsten Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP vorgelegt hatten.