Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
CDU-Vorsitz: Spahn will nicht kandidieren
Berlin.
Im Machtkampf um die künftige CDU-Spitze gibt es Bewegung: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn machte nach Informationen dieser Zeitung bei einem Treffen der Unionsfraktion klar, dass er keine erneute Kandidatur anstrebt. Er diene dem Land und der Partei am besten, wenn er sich ganz auf die Bekämpfung der Pandemie konzentriere, sagte er Teilnehmern zufolge. Dazu passe kein parteiinterner Wahlkampf.
Derweil lotet die hessische CDU Medienberichten zufolge eine mögliche Kandidatur des geschäftsführenden Kanzleramtschefs Helge Braun für die Parteispitze aus. Ob er tatsächlich kandidiere, stehe noch nicht endgültig fest, heißt es. Es gebe aber breite Unterstützung für ihn in der Partei.
Berlin.
Der Zeitpunkt ihres Deutschlandbesuchs hätte nicht passender sein können. Während die Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus eskaliert, trifft die Anführerin der belarussischen Opposition in Berlin deutsche Spitzenpolitiker. Ihre Botschaft ist klar und hart.
Nein, ich fühle mich nicht sicher. Ich sorge mich auch um die Sicherheit meiner Kinder, die hier zur Schule und in den Kindergarten gehen. Aber ich muss in erster Linie an die Menschen denken, die noch in Belarus sind und sich dort viel größeren Gefahren aussetzen als ich. Wir leben in einer Zeit, in der wir Belarussen damit rechnen können, plötzlich eingesperrt zu werden oder gar zu verschwinden – und zwar zu jeder Zeit, ganz egal, wo wir uns befinden.
Unser Kontakt läuft nur über den Anwalt und ist sehr oberflächlich. Alles, was ich erfahren kann, ist, wie es ihm gesundheitlich geht. Alle Briefe, die ich an ihn, aber auch an die anderen politischen Gefangenen, geschrieben habe, sind nie angekommen. Das Einzige, was er erhält, sind die Briefe unserer Kinder und die Bilder, die sie ihm malen. Ihm wird derzeit hinter verschlossenen Türen ein Prozess gemacht, und ich gehe davon aus, dass er eine 15bis 20-jährige Haftstrafe bekommt.
Lukaschenko versucht, der EU massiv zu schaden und sich so für die Brüsseler Sanktionen gegen Belarus zu rächen. Die Flüchtlinge sind ein Spielball für Lukaschenko. Er nutzt sie, um die europäischen Staaten zu Verhandlungen zu zwingen und seine Regierung anzuerkennen. Er möchte damit auch die Beziehungen zwischen den westlichen und östlichen EU-Län
Eher unfreiwillig wurde Swetlana Tichanowskaja zur Anführerin der belarussischen Opposition. Doch sie will und kann nicht aufgeben.
dern destabilisieren. Und, nicht zu vergessen – Lukaschenko lenkt dadurch von der innenpolitischen Situation in Belarus ab.
Die Situation an der Grenze ist nur eines der Symptome, die das Regime von Lukaschenko hervorruft. Es muss klar sein, dass die Ursache dieser Migrantenkrise Lukaschenko ist. Die EU muss Lukaschenko zum Aufhören zwingen – nicht durch Verhandlungen, sondern durch Druck.
Die wirtschaftlichen Sanktionen müssen verschärft werden, und zwar so hart wie möglich. Alle Kooperationen, Verhandlungen oder Kontakte zum Regime von Lukaschenko müssen endgültig eingestellt werden. Auch alle wirtschaftlichen Beziehungen zu Belarus müssen abgebrochen und Produkte aus dem Land dürfen nicht mehr gekauft werden. Sonst unterstützt man Unternehmen, die dem Staat gehören und deren Erlöse in die Geldbeutel der korrupten Regierung fließen. Sanktionen und wirtschaftlicher Druck sind die einzige Sprache, die Lukaschenko versteht.
Es kann keinen Dialog mit einem Verbrecher wie Lukaschenko geben.
Das Interview führten die Redakteurinnen Alina Juravel und Diana Zinkler per Videocall.
Wir sehen jetzt, dass er nicht nur die Bevölkerung in Belarus terrorisiert, sondern auch die Sicherheit der EU und damit die gesamte Weltgemeinschaft gefährdet. Selbst wenn es zu einem Dialog kommt, um die Lage an den Grenzen zu entschärfen, wird es nur eine Symptombekämpfung sein. Es wird nicht lange dauern, da wird Lukaschenko zu neuen Mitteln greifen und die EU wieder erpressen.
Es ist richtig, Frauen, Kinder und kranke Menschen aufzunehmen, ihnen zu helfen. Es ist aber auch legitim, dass die EU-Staaten ihre Grenzen schützen wollen.
Das ist ein bedauerlicher, aber verständlicher Schritt. Polen muss seine Bürger vor illegalem Eindringen in ihr Land schützen. Das, was an den Grenzen passiert, ist eine Verletzung internationaler Gesetze. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass unter dem Deckmantel der Migration sonst wer nach Europa einreisen könnte. Erst ein Machtwechsel in Belarus wird die Situation an den europäischen Grenzen beruhigen können.
Ich bin Deutschland sehr dankbar dafür, was es bisher für die belarussische Bevölkerung getan hat und dass sich die deutsche Regierung stets für die Demokratie in Belarus ausgesprochen hat. Aber wenn ich an die Menschen in den Gefängnissen denke, muss ich sagen, dass es immer noch nicht ausreicht. Deutschland ist weltweit eines der einflussreichsten Länder und hat sich zu einer Hochburg der Demokratie entwickelt. Es ist an der Zeit, diesen Einfluss zu demonstrieren.
In erster Linie möchte ich an Bundespräsident Steinmeier, aber auch an die künftige Regierung von Deutschland appellieren, die Unterstützung für Belarus fortzusetzen. Hilfsprogramme für politische Gefangene
etwa oder für entlassene Lehrkräfte sollten weiterhin gewährleistet werden, genauso die Stärkung unabhängiger Medien. Und ich werde bei meinem Besuch noch mal darauf hinweisen, dass ein Dialog mit dem Regime von Lukaschenko nicht möglich ist.
Ich bin ehrlich, ich fühle mich oft erschöpft. Vor allem, wenn mich schlechte Nachrichten aus Belarus erreichen. Wenn ich höre, wie viele Menschen festgenommen wurden. Aber ich halte mir immer wieder vor Augen, in welcher privilegierten Situation ich mich befinde. Also sage ich mir immer wieder: Du kannst dich ausruhen, aber später. Jetzt trägst du die Verantwortung für diese Leute und setzt dich für sie ein.