Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Schüsse an der Grenze – Merkel bittet Putin um Vermittlung
Berlin/Brüssel.
Schüsse an der Grenze, verletzte Migranten und im Niemandsland Tausende verzweifelte Menschen, die in eisiger Kälte auf eine Weiterreise in die EU hoffen: Die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus wird immer dramatischer. Angesichts der Zuspitzung hat die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin um Hilfe gebeten. In einem Telefonat appellierte Merkel an Putin, er solle seinen Einfluss auf den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko nutzen, um die Lage zu entspannen. Die Instrumentalisierung von Migranten gegen die EU durch das belarussische Regime sei „unmenschlich und vollkommen
Frauen, Männer und Kinder sind im Grenzstreifen zwischen Belarus und Polen gefangen, es geht weder vor noch zurück.
inakzeptabel“. Dass Merkels Hilferuf Erfolg hat, ist unwahrscheinlich. In Berlin und in Brüssel gilt es zwar als sicher, dass Lukaschenko mindestens mit Putins Rückendeckung handelt. Aber Putin gab sich in dem
Telefonat offenbar ahnungslos und schlug Merkel nach Kreml-Angaben vor, die EU solle sich direkt bei Lukaschenko um eine Lösung bemühen. Moskau habe mit dem Konflikt nichts zu tun, versicherte ein
Kremlsprecher. Lukaschenko selbst dreht weiter an der Eskalationsspirale: Im Staatsfernsehen warf er der EU vor, einen „HybridKrieg“gegen sein Land zu führen, und schimpfte in Richtung Brüssel: „Ihr Bastarde, ihr Wahnsinnigen wollt, dass ich euch vor Migranten schütze?“. In einem Interview warnte er sogar vor einem militärischen Zusammenstoß: Die Konfrontation an der Grenze könne zu einer „aktiven Phase“führen. „Falls wir hier, was Gott behüte, auch nur den geringsten Fehler begehen, wird das sofort Russland hineinziehen, die größte Atommacht der Welt“, sagte Lukaschenko.
Der belarussische Grenzschutz veröffentlichte ein Video, das angeblich von polnischen Sicherheitskräften misshandelte Migranten
nSwetlana Tichanowskaja zeigt, die an Kopf und Händen bluten. Das polnische Verteidigungsministerium warf andererseits den belarussischen Sicherheitskräften vor, Gewalt gegen Migranten anzuwenden und im Grenzgebiet Schüsse abgegeben zu haben, um die Menschen einzuschüchtern.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der baden-württembergische Minister, Thomas Strobl (CDU), warnte vor der Aufnahme der Migranten. Unserer Redaktion sagte er : „Wer jetzt nicht für sichere Außengrenzen sorgt oder gar ein Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge an der polnisch-belarussischen Grenze fordert, unterstützt die falschen und irreführenden Versprechungen Lukaschenkos und macht sich selbst zum Schlepper des belarussischen Regimes.“