Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Apothekensterben beschleunigt sich
Vor allem kleine Orte betroffen. Dort schließen oft die einzigen Versorger für Medikamente
Das Apothekensterben in Thüringen hat sich in den vergangenen fünf Jahren beschleunigt. Das teilte die Landesapothekerkammer mit. „Waren es im August 2017 noch 550 Apotheken in Thüringen, sind es mit Stand 1. November 2021 noch 518“, sagt deren Geschäftsführer Danny Neidel.
Allein 2020 und 2021 hätten insgesamt 20 örtliche Arzneimittelversorger für immer ihre Türen geschlossen. Vor allem kleine Orte trifft diese Entwicklung. Eine der Hauptursachen des Apothekensterbens ist der Fachkräftemangel.
Das Altenburger Land war 2021 der Brennpunkt in Thüringen. Allein hier wurde an drei Standorten der Betrieb eingestellt. Dass es gerade den östlichsten Kreis treffe, sei Zufall, sagt Lutz Gebert, Sprecher der Apothekerschaft im Altenburger Land. Mit Blick auf die alternde Bevölkerung in Thüringen und das erweiterte Aufgabenspektrum, etwa durch modernes Medikationsmanagement für chronisch kranke und ältere Patienten, werde es „absehbar eine Lücke von mindestens 400 unbesetzten Stellen geben“, sagt Geschäftsführer Neidel voraus. Dabei werden bereits heute zu wenig Pharmazeuten in Thüringen ausgebildet. Einzige Ausbildungsstätte ist die Universität Jena, wie Lutz Gebert berichtet. Pro Jahr verließen 50 bis 60 Absolventen die Hochschule, benötigt würden aber 100 im Jahr.
Ein Grund für den Personalmangel sind die peu a peu ausscheidenden Pharmazieingenieure. Dieser
DDR-Beruf wird seit der politischen Wende 1989/90 nicht mehr ausgebildet. Pharmazieingenieure dürfen jedoch leitende Apotheker zeitweise vertreten und Notdienste übernehmen, Aufgaben, die pharmazeutisch-technische Assistenten nicht ableisten dürfen. Weitere Gründe für die Apotheken-Misere sind laut Gebert „die Wahnsinnsbürokratie“und die unattraktiven Dienstzeiten der Branche. Die Konkurrenz aus dem Internet mache in Thüringen nur einen kleinen Teil des Problems aus.
Klare Kante