Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Impfpflicht für Pflegeberufe? Deutscher Ethikrat gibt eine entsprechende Empfehlung an die Bundesregierung
Der 24-köpfige Deutsche Ethikrat hat sich ohne Gegenstimme bei drei Enthaltungen für eine ernsthafte und rasche Prüfung einer berufsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen und damit seine zunächst ablehnende Haltung vom Sommer revidiert. Beschäftigte, die schwer oder chronisch kranke sowie hochbetagte Menschen beruflich versorgen, wie ärztliches und pflegendes Personal, aber auch Mitarbeitende des Sozialdienstes, der Alltagsbegleitung oder der Hauswirtschaft, trügen eine besondere Verantwortung, die ihnen Anvertrauten nicht zu schädigen, so die Experten. Die Bundesregierung solle in diesen Bereichen unverzüglich eine Impfpflicht prüfen und vorbereiten.
Vielfach diskutierte Sorgen um negative Konsequenzen einer solchen Maßnahme, etwa Berufsausstiege in den betroffenen Berufsgruppen, müssten dabei berücksichtigt werden, seien aber im Rahmen der Schutzpflichten gegenüber Menschen aus Hochrisikogruppen zu bewerten, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung. Auch die Grünen hatten jüngst eine Impfpflicht für bestimmte Berufe gefordert. Dagegen setzt Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) weiter auf Freiwilligkeit und Einsicht.
Aktuell kann Thüringen beim Impfen noch auf ausreichend Lagerbestände zurückgreifen. Letztmalig beim Bund bestellt habe man Covid-Impfstoffe Mitte September, so das Gesundheitsministerium auf Nachfrage. Anfang der Woche standen davon landesweit noch 17.770 Impfdosen (5410 Johnson & Johnson, 9030 Biontech, 3330 Moderna)
zur Verfügung. Bei den Boosterimpfungen setzt das Land ausschließlich auf BioNTech. Die Nachfrage sei erfreulich hoch, sagte Silke Fließ, Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums. „Innerhalb der vergangenen drei Wochen ist in Thüringen ein enormer Anstieg an durchgeführten Auffrischungsimpfungen in den 27 landesweiten Impfstellen und bei den mobilen Impfteams zu verzeichnen. Gab es in letzten beiden Oktoberwochen noch je 3000 durchgeführte Auffrischungsimpfungen über die Impfstellen, stieg die Zahl in der ersten Novemberwoche auf mehr als 19.000. Insbesondere die Samstagsimpfungen
ohne Termin in allen Impfstellen werden teils bis an die Kapazitätsgrenze genutzt“, sagte die Ministeriumssprecherin.
Über Bestellmengen und Bestellzeiten verhandele man mit dem Bund. „Dazu haben wir auf der Gesundheitsministerkonferenz Vereinfachungen des Verfahrens angemahnt, um schneller auf Entwicklungen reagieren zu können“, so Fließ. Zunächst werde man rund 40.000 zusätzliche Impfdosen selbst beim Bund abholen, um die Impfaktivitäten kurzfristig weiter erhöhen zu können.
Wie viele der angekündigten Totimpfstoffe das Land bestellen und nutzen wird, ist derzeit noch offen. Aktuell durchlaufen die Impfstoffkandidaten Novavax, Sinovac, Sputnik V und von Sanofi/Pasteur das sogenannte Rolling-Review-Verfahren des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). „Das Rolling-Review-Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis ausreichend Daten für einen vollständigen Zulassungsantrag vorgelegt wurden. Aktuell gibt es noch kein konkretes Datum, ab wann mit Entscheidungen des CHMP und anschließend der Europäischen Kommission zu rechnen ist“, sagte Ministeriumssprecherin Silke Fließ.