Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Impfgegner stören Gedenken an Opfer der Pogromnacht
Polizei sieht keine strafbaren Handlungen. Antisemitismusbeauftragter Hoff fordert Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates
Arnstadt.
Mit lautstarkem Protest haben Impfgegner am Nachmittag des 9. November in Arnstadt das Gedenken an die Opfer der Pogromnacht von 1938 und des Holocausts gestört. Im Gebäude des alten Milchhofs, wo aktuell die Ausstellung „32 |1938 | 0 – Die Synagogen in Thüringen“gezeigt wird, erinnerte zu dieser Zeit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) an die Schrecken der Pogromnacht.
Der Vorfall zeige erneut, dass das Spektrum der Corona-Leugner und Impfgegner die Verfolgung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus mit dem Vergleich verharmlose, sie würden genauso verfolgt werden. Dabei seien die Grenze zu antisemitischen Verschwörungserzählungen und Militanz fließend, betont BenjaminImmanuel Hoff (Linke), der Antisemitismusbeauftragte der Thüringer Landesregierung. Diese Erkenntnisse seien nicht neu, bestätigten sich jedoch in Arnstadt und fordern sowohl die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates heraus als auch aller Demokratinnen und Demokraten.
Die zuständige Landespolizeidirektion Gotha bestätigte „eine größere Personengruppe“. Allerdings seien die Ausrufe und mitgeführten Plakate ohne strafrechtliche Relevanz gewesen, sagte eine Polizeisprecherin dieser Zeitung. Daher wurden keinerlei Verfahren eingeleitet. Der Versammlungsort sei dann verlegt worden, „sodass die Veranstaltung ohne Störung durchgeführt werden konnte“.
Teilnehmer des Gedenkens berichten dagegen, dass die Proteste sehr wohl im Inneren zu hören gewesen seien. Das belegt auch ein Tonbandmitschnitt der Rede Ramelows, der dieser Redaktion vorliegt.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisierte am 9. November Pandemie-Leugner, Querdenker und ideologische Impfgegner scharf. Diese Gruppen würden der jüdischen Gemeinde in Deutschland große Sorgen bereiten, vor allem weil sie Seit an Seit mit Rechtsextremisten demonstrieren.