Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Festbaum fürs Brandenburger Tor
Ostthüringer Familie spendiert 18 Meter hohe Fichte
Rinnetal.
Es war einmal vor einem halben Jahrhundert, da stand die damals vierjährige Christine Colditz mit ihrer Großmutter draußen vorm Haus in Leutnitz (Königsee) und pflanzte einen Baum. Ob diese kleine Fichte damals schon Weihnachtsbaum genannt wurde, ist nicht bekannt.
Eine Art Märchen wurde es dennoch, obwohl es zunächst einige Konkurrenz gab. Ein Ahorn, der gleich nebenan wuchs, machte der Fichte Licht, Wasser und Boden streitig. Das ging viele Jahre so und war für beide kein Fortschritt. Vor einigen Jahren aber musste der Laubbaum weichen. Jetzt hatte die
Fichte auf einmal Platz. Und sie wuchs kräftig. Auf derzeit rund 18 Meter Höhe. „Zu kräftig“, wie Heidemarie Colditz, die Mutter von Christine und ihrer Schwester Annegret, einräumen musste.
Und zur Geburtstagsfeier der Mutter, als die Familie beisammen war, teilten Heidemarie und Helmut Colditz den Entschluss mit, dass der Baum dort nicht bleiben könne. Wenn es schon sein muss, dann aber nicht einfach Brennholz, so die Antithese von Tochter Annegret Kaminski. Schließlich ist die letzte große Karriere für so manchen früheren Stubenbaum, der den heimischen Vorgarten sprengt, dann aber eine letzte Bewunderungschance in der fernen großen
Stadt bekommt, schon öfter in der Zeitung zu lesen gewesen.
Und irgendwann war dann Bastian Wulf von der Sömmerdaer Firma Tannen Wulf am Telefon. Und so sind die Morgenstunden des 20. November als Termin für die Abholung unterdessen ausgemacht. Die Spezialisten aus dem Thüringer Becken wissen, was sie tun, schließlich kommt der Weihnachtsbaum vom Brandenburger Tor schon seit einigen Jahren unter ihrer Regie aus dem Freistaat.
Die beiden Leutnitzer wirken unterdessen so, als müssten sie sich noch ein paar Tage daran gewöhnen, dass sich die Aussicht aus dem heimischen Küchenfenster demnächst nachhaltig verändern wird.