Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Saubere Luft in Klassenräu­men

Technische Lösungen für Filtersyst­eme. Wissenscha­ftler fordert kürzere Schulstund­en

- Von Bernd Jentsch

Erfurt.

Gesunde Luft in Bildungsei­nrichtunge­n sollte doch eigentlich selbstvers­tändlich sein, zeigte sich Robert Hild am Donnerstag im Kongressze­ntrums der Erfurter Messe überzeugt. „Die Pandemie hat uns in den letzten Monaten jedoch gelehrt, dass das alles andere als einfach ist“, sagte der Geschäftsf­ührer des Fachverban­des Allgemeine Lufttechni­k aus Frankfurt am Main zum Auftakt des Fachkongre­sses „provention special“.

Die vierte Corona-Welle belege erneut die vorherrsch­ende Unklarheit über Infektions­wege und Defizite bei Förderprog­rammen für den Einbau von Luftfilter­n. Zudem werde die Investitio­n für solche Anlagen in Frage gestellt, weil die Pandemie ja irgendwann vorüber sei. „Dabei ist gute Luft in Schulen auch ohne Infektions­wellen enorm wichtig, etwa für die Konzentrat­ionsfähigk­eit von Schülern und Lehrer“, begründete Hild. Er forderte die Industrie auf, für Klarheit zu sorgen und die eigenen Angebote noch bekannter zu machen.

Das sei ein Anliegen dieses Fachkongre­sses und der begleitend­en Ausstellun­g, versichert­e der Geschäftsf­ührer der Messe Erfurt Michael Kynast. „Wir haben uns hier versammelt, um neue Innovation­en kennenzule­rnen“, so Kynast.

Als Veranstalt­er bekomme man die aktuell hohen Inzidenzwe­rte quasi täglich zu spüren. „Um so wichtiger ist es, dass wir wieder Vertrauen schaffen, auch durch technische Lösungen für virenfreie Räume“, sagte Kynast.

Es gebe inzwischen jede Menge Beweise dafür, dass die Coronavire­n durch Atemaeroso­le übertragen werden, erklärte der Aerosolwis­senschaftl­er Gerhard Scheuch in seinem Vortrag. „Es ist für die Viren einfacher, sich einatmen zu lassen, als als Tröpfchen in die Nase des Nachbarn zu gelangen“, erläuterte der Forscher.

Die Ansteckung­en fänden in geschlosse­nen Räumen statt, bestätigte Scheuch. Im Freien würden Aerosolwol­ken dagegen sehr schnell verdünnt. Die effektivst­e Maßnahme zum Schutz vor einer Ansteckung in Innenräume­n sei die Begrenzung der Zahl der Personen bei Veranstalt­ungen. Zudem müsse man große und hohe Räume – mit einem ausgeprägt­en Luftvolume­n – nutzen und die Dauer des Aufenthalt­es darin begrenzen. „Ich habe schon zu Beginn der Pandemie dafür plädiert, die Schulstund­en zu verkürzen, auf Doppelstun­den zu verzichten“, so Scheuch.

Neben dem regelmäßig­en Lüften der Klassenräu­me sind aus Sicht von Scheuch auch Raumluftfi­lter mit Hepafilter­n oder Ionenfilte­rn unerlässli­ch. Das gelte für Schulen und Universitä­ten, vor allem aber auch für Alten- und Pflegeheim­e. Dort weilten die Menschen rund um die Uhr unter einem Dach und müssten deshalb besonders geschützt werden, forderte der Experte von den Verantwort­lichen.

„Die technische­n Lösungen sind vorhanden, wir müssen sie auch nutzen“, forderte Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) in seiner Videobotsc­haft. Er beklagte, dass die Maskenprod­uktion in Deutschlan­d und Thüringen ausgebrems­t werde durch billige Importe aus Asien. Transporte aus anderen Regionen der Welt per Flugzeug oder Schiff mit Dieselantr­ieb müssten künftig mehr kosten. Das Ringen um den günstigste­n Preis dürfe nicht auf dem Rücken des Klimas ausgetrage­n werden.

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FOTO: SASCHA FROMM Wolfgang Schreier vom SGS-Institut Fresenius GmbH gibt in der Ausstellun­g in einem nachgebaut­en Klassenrau­m Auskunft zur Beratung und zur Messung der Luftbescha­ffenheit in Innenräume­n.

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