Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer über die Folgen der Pandemie für die Wirtschaft und die Digitalisierung
Wir im Sachverständigenrat gehen in unserer Prognose nicht von einem neuen Lockdown wie im vergangenen Winter aus. Aber die Politik muss reagieren, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Daher wird es Einschränkungen geben müssen. Eine konsequente Anwendung von 2G im Gastgewerbe wäre eine Möglichkeit, um zu verhindern, dass Restaurants und Hotels wieder dichtmachen
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer warnt vor Weihnachtsfeiern in den Firmen.
müssen. Wenn bei 2G die Abstandsregelungen weniger restriktiv sind als bei 3G, kann das Gastgewerbe einigermaßen unbeschadet durch den Winter kommen. Auch über eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen muss nachgedacht werden.
Im medizinischen Bereich und in der Pflege, wo es zu engem Körperkontakt mit besonders gefährdeten Gruppen kommt, sollte eine Impfpflicht eine Selbstverständlichkeit sein. Ich würde das aber auch für den Erziehungsbereich für richtig halten, denn gerade bei Kindern gehen die Infektionszahlen rasch hoch, und sie können bisher nicht alle geimpft werden.
2G wäre in vielen Betrieben sinnvoll. Nur muss man sich auch bei
2G darüber im Klaren sein, dass es jetzt die Booster-Impfung braucht. Da müssen wir schnell in die Gänge
kommen.
Ich persönlich bin dafür, dass der Arbeitgeber den Impfstatus seiner Mitarbeitenden kennen darf. Es ist unverständlich, dass man Mitarbeitende zum Kunden schicken kann, der einen solchen Nachweis verlangt, während der Arbeitgeber ihn nicht erfragen darf. Hinzu kommt: Manche müssen sich am Arbeitsplatz ein Büro mit Kolleginnen und Kollegen teilen, ohne zu wissen, ob diese geimpft sind. Das verunsichert viele.
Ja. 2G mit tagesaktuellem Test wäre eine Überlegung, um kleine Feiern stattfinden zu lassen. Aber große Weihnachtsfeiern halte ich in der aktuellen Lage nicht für angebracht.
Wir brauchen eine Investitionsoffensive, um unsere Verwaltung digital fit zu machen. Aber es muss auch ein Umdenken stattfinden. Digitalisierung bedeutet nicht, den Inhalt von Papier in den Computer zu bekommen und die bisherigen Abläufe einfach nachzubilden. Das war vor 30 Jahren so. Eine digitale Verwaltung bedeutet, die Verwaltungsprozesse ganz neu zu strukturieren. Dabei muss die Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund stehen. Aber auch die Unternehmen sind gefordert. In der Breite sind viele Unternehmen noch zu analog. Und sie nutzen viel zu wenig die Möglichkeiten der Datenökonomie, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das sollte mit Gesetzen, etwa zum gemeinsamen Nutzen und Teilen von Daten, unterstützt werden. Es braucht jetzt eine Strategie, die sich damit auseinandersetzt, wie die Welt in 20 Jahren aussehen wird. Denn dann wird sich die Welt gewaltig verändert haben – außer vielleicht in Deutschland, wenn wir weiterhin so zögerlich sind wie bisher.