Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Große Unterschiede bei den Beträgen je nach Branche. Frauen und Ostdeutsche erhalten meistens weniger
Berlin.
Ob Stahlarbeiter, Verkäuferinnen, Bank- oder Bahnbeschäftigte. Jeder zweite Beschäftigte in Deutschland darf sich auch während der Corona-Pandemie auf ein Weihnachtsgeld freuen. Die Unternehmen überweisen in diesem Jahr
52 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Extrabetrag zum Fest. Dies hat eine Befragung des Internetportals Lohnspiegel.de des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung unter
57.000 Beschäftigten ergeben. Allerdings unterscheidet sich die Höhe der bezahlten Beträge deutlich nach Branchen und variiert in den mittleren Entgeltgruppen zwischen 250 Euro in der Landwirtschaft und 3713 Euro in der chemischen Industrie. Schlechter gestellt sind insbesondere Frauen und Ostdeutsche: In Westdeutschland bekommen 55 Prozent ein Weihnachtsgeld, im Osten nur 40 Prozent. Während 54 Prozent der Männer die Extrazahlung erhalten, sind es nur 50 Prozent der Frauen.
Weihnachtsgeld orientiert sich oft am Einkommen
Bezahlt macht sich in der Regel eine Beschäftigung in Firmen mit fester Tarifbindung: Wer in einem solchen Betrieb arbeitet, hat eine deutlich höhere Aussicht auf ein Weihnachtsgeld – nämlich 77 Prozent – als in Unternehmen ohne Tarifvertrag, in denen nur 41 Prozent der Beschäftigten dieses erhalten. „Die Chance, am Jahresende eine Sonderzahlung zu erhalten, ist für Beschäftigte in tarifgebundenen
In der Eisen- und Stahlindustrie dürfen sich viele Mitarbeiter aufs Weihnachtsgeld freuen.
Unternehmen damit fast doppelt so hoch wie in Unternehmen ohne Tarifvertrag“, sagt der Leiter des WSITarifarchivs, Thorsten Schulten. Daran hat sich auch in der CoronaPandemie wenig geändert. Die Krise habe weder zu großen Steigerungen noch zu radikalen Kürzungen des Weihnachtsgeldes geführt. Einige Unternehmen hätten jedoch die Möglichkeit genutzt, ihren Mitarbeitern eine Corona-Prämie steuerfrei zu bezahlen.
„Angesichts der aktuell hohen Preissteigerungsraten ist das Weihnachtsgeld für viele Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in diesem Jahr besonders wichtig“, meint Schulten. Insofern leisteten die in Tarifverträge festgeschriebenen Weihnachtsgelder auch einen „wichtigen Beitrag zur Einkommensstabilisierung“.
Meistens wird das Weihnachtsgeld nach einem festen Prozentsatz des Monatsentgelts berechnet. Nur wenige Branchen bezahlen einen Pauschalbetrag. Die prozentual höchsten Weihnachtsgelder erhalten laut der WSI-Umfrage Beschäftigte im Bankgewerbe, in der Süßwaren-, Chemie-, Druck- und Textilindustrie
sowie bei der Deutschen Bahn. Dort werden 95 bis 100 Prozent des Monatslohns überwiesen. In der Eisen- und Stahlindustrie gibt es sogar 110 Prozent – jedoch sind dort Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammengelegt. Erhöhungen gab es im öffentlichen Dienst auf bis zu
75 Prozent sowie im Bauhauptgewerbe. Prozentual fallen die Weihnachtsgelder bei Versicherungen
(80 Prozent), im Einzelhandel (62,5 Prozent im Westen) und in der Metallindustrie (55 Prozent) etwas geringer aus.
Einige Beispiele: In den mittleren
Einkommensgruppen im Westen bekommen die Beschäftigten laut WSI in der Chemieindustrie 3715 Euro Weihnachtsgeld, im Bankgewerbe 3258 Euro, bei der Deutschen Bahn 2700 Euro, in der Eisenund Stahlindustrie 2633 Euro, im öffentlichen Dienst 2487 Euro, im Bauhauptgewerbe 2222 Euro, in der Metallindustrie 1782 Euro, im Einzelhandel 1991 Euro und im Hotelund Gaststättengewerbe sind es 1127 Euro.
Die großen Wirtschaftszweige in Deutschland zahlen fast alle ein Weihnachtsgeld oder eine vergleichbare Sonderzahlung. Das ostdeutsche Bewachungsgewerbe und die Gebäudereiniger gehen bislang leer aus. Im Gebäudereinigerhandwerk wurde für die Jahre 2021 bis 2023 nun erstmals ein „Weihnachtsbonus“vereinbart. Dieser entspricht einem Zuschlag von 150 Prozent auf den Stundenlohn der am 24. und 31. Dezember geleisteten Arbeit oder einem freien Tag an einem dieser beiden Tage.
Der WSI-Tarifexperte Schulten schließt jedoch nicht aus, dass noch mehr Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels künftig auch mit weihnachtlichen Extrageldern locken könnten, um Arbeitskräfte zu gewinnen.
Berlin.
Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer warnt angesichts der derzeitigen Lieferengpässe und des Personalmangels bei Berufskraftfahrern vor Versorgungsproblemen. Das geht aus einem Brief des CSUPolitikers an den geschäftsführenden Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Helfen könnten laut Scheuer die Schulen. „Das Berufsbild ,Berufskraftfahrer‘ könnte, im zulässigen Rahmen der gebotenen Neutralität, stärker in der Berufsorientierung der Schulen und den Beratungen der Agentur für Arbeit beworben werden, um angehende Auszubildende dafür zu sensibilisieren“, schreibt Scheuer an seinen Kabinettskollegen Heil.
In einem zweiten Brief an den geschäftsführenden Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schlägt Scheuer zudem vor, in den Zollämtern mehr Personal einzustellen, die Öffnungszeiten zu verlängern und eine „gewisse Fehlertoleranz bei den Zollanträgen“walten zu lassen, um bestehende Engpässe nicht weiter zu verschärfen.