Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die Saalfelder Malerin und Grafikerin Renate Jüttner ist im Alter von 86 Jahren gestorben
Der österreichische Schriftsteller Karl-Markus Gauß erhält den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2022. Er wird für sein Buch „Die unaufhörliche Wanderung: Reportagen“ausgezeichnet, wie die Stadt Leipzig am Montag mitteilte. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland.
Wahrscheinlich gebe es keinen Schriftsteller in Europa, der nachhaltiger über Europa nachdenke als Gauß, heißt es in der Begründung der Jury. Er denke über europäische Minderheiten nach, über die Bewohner der Zips, der Region im Osten der Slowakei, ebenso über die Roma und die chaldäischen Christen in der syrisch-orthodoxen Kirche.
Der Buchpreis soll zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am 16. März 2022 im Gewandhaus verliehen werden. Die Messe will nach zwei Absagen in Folge an ihrem Termin festhalten.
Saalfeld.
„Irgendwann werde ich sterben, aber alt werde ich nie!“So lautete die Lebensmaxime von Renate Jüttner. Bis ins hohe Alter wirkte die renommierte Thüringer Künstlerin unablässig in ihrem Saalfelder Atelier. In diesem Jahr hatte sie noch ein Bild für die Ausstellung „30 Jahre Saale-Galerie“fertiggestellt. Zu ihrem 85. Geburtstag im Juni vergangenen Jahres ehrte selbiges Ausstellungshaus die gebürtige Ostthüringerin noch mit einer Personalausstellung. Nun ist die hoch angesehene Malerin und Grafikerin nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 86 Jahren gestorben. „Zu Hause, zwischen ihren Katzen und Büchern“, sei sie am 1. Dezember „sanft hinübergeschlafen“, sagte ihr Sohn, der Künstler Stefan Jüttner, am gestrigen Montag.
„Renate Jüttner entstammte der Familie eines Saalfelder Klempners, konnte sich dank der Aufgeschlossenheit ihrer Eltern gegenüber den Musen schon früh der Musik zuwenden“, berichtet Rüdiger Helmboldt, enger Freund der Familie und viele Jahre Direktor des Thüringer Freilichtmuseums Hohenfelden. Jüttners künstlerischer Weg führte sie zunächst an die Hochschule für Musik „Franz Liszt“nach Weimar, wo sie Klavier studierte.
Vom Klavier zur bildenden Kunst und Lyrik
Doch infolge einer Erkrankung ihrer Hände muss sie später das professionelle Klavierspiel aufgeben. „Diesen Umstand bedauerten alle, die sie, wie ich, beim Spiel noch erleben durften“, erklärt Kunstwissenschaftler Rüdiger Helmboldt. „Doch sie verfügte über ein ganzes Arsenal an künstlerischen Befähigungen, mit denen sie diesen Verlust auszugleichen verstand.“
Durch die Ermutigung ihres Mannes, des international geschätzten keramischen Bildhauers Karl Jüttner (1921-2006), gelingt ihr der Wechsel zur Kunst – zur Grafik und Malerei sowie zur Lyrik. „Dann wurde nicht nur mit dem Pinsel gearbeitet, sondern mit altem Küchenwerkzeug geschnitten, geschabt und auf altem Linoleum gekratzt, was das Zeug hielt“, schildert Helmboldt
Die Saalfelder Malerin und Grafikerin Renate Jüttner zeigt eine Grafik in ihrem Haus.
die Arbeitsweise der so zierlichen und zurückhaltenden Künstlerin. „Die Flächen, die ihr als Druckplatte wie auch für raffinierte Zusammendrucke dienten, entstammten altem Linoleum, einstmaligem Fußbodenbelag aus Abrisshäusern.“Ihre Werke überarbeitete sie immer wieder. Ein Bild sei erst fertig, wenn es sie in Ruhe lasse, erläuterte Renate Jüttner einmal.
Eine hoch angesehene
Künstlerfamilie
Der künstlerische Schaffensdrang erfasste auch Sohn Stefan. Als Familie avancierten die Jüttners zu einer wahren Institution in der Thüringer
Kunstlandschaft. Stefan Jüttner wird seine Mutter auch als Korrektiv vermissen: „Wir waren gegenseitig unsere härtesten Kritiker.“
„Renate Jüttners Arbeiten bewegen sich zwischen großem Zweifel und vager Hoffnung. Ihr Werk ist ein tonloser Aufschrei“, betont Rüdiger Helmboldt. „Ich war selten von einem künstlerischen Werk so stumm, so sprachlos und gleichzeitig innerlich so erregt wie von ihrer Kunst.“
Abschied wird im kleinsten Familienund Freundeskreis genommen. Ihre letzte Ruhe findet die feinsinnige und vielseitig engagierte Künstlerin in einem Friedwald.