Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Habeck: Länger arbeiten gegen den Fachkräftemangel
Wirtschaftsminister will erreichen, dass die Menschen später in Rente gehen. Gewerkschaften sehen Probleme woanders
Viele Unternehmen finden schon jetzt nicht genügend Fachkräfte – und das Problem dürfte sich noch verschärfen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will erreichen, dass mehr Arbeitnehmende über die Regelaltersgrenze hinweg länger arbeiten. Er sagte dem „Handelsblatt“, auf freiwilliger Basis sollte es längere Lebensarbeitszeiten geben können. „Man sollte flexibel länger arbeiten können. Das wäre ein doppelter Gewinn: Wer will, kann sein Wissen, sein Können, seine Erfahrung noch länger einbringen.“
Davon könnten Betriebe und die Gesellschaft profitieren, so Habeck. „Und wir könnten dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Wir sollten also über so etwas wie ein Renteneintrittsfenster sprechen, kein fixes Alter.“Mit dem Übergang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand werde die Zahl der Erwerbspersonen signifikant zurückgehen, heißt es in einem Papier des Ministeriums. Gleichzeitig würden die Digitalisierung und die Transformation hin zur Klimaneutralität den Fachkräftebedarf erhöhen beziehungsweise verändern. Die Bundesregierung werde ihre Fachkräftestrategie weiterentwickeln. So solle ein Rahmen geschaffen werden, damit Beschäftigte bis zur Regelaltersgrenze arbeiten und gegebenenfalls freiwillig darüber hinaus.
Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Immer wieder gibt es Debatten um ein höheres gesetzliches Renteneintrittsalter. Laut Papier des Ministeriums gehen die Deutschen im Schnitt mit 64 Jahren in Rente. Nach der sogenannten Flexirente können Arbeitnehmer bereits länger arbeiten. Dafür gibt es Zuschläge. Wie es aus dem Ministerium hieß, geht es Habeck auch darum, darüber zu diskutieren, ob diese Anreize ausreichen.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte: „Was der Minister wissen sollte: Schon heute kann jede und jeder Beschäftigte über die gesetzliche Regelaltersgrenze weiter arbeiten, wenn sie oder er dazu gesundheitlich in der Lage ist. Das geltende Recht verbietet das nicht.“Es setze sogar die geforderten Anreize. Die wahren Probleme lägen im für viele ältere Beschäftigte „zugemauerten“Arbeitsmarkt und in raren altersgerechten Jobs. „Die braucht es nämlich dringend, damit Beschäftigte überhaupt bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können.“