Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Schufa-Einträge prüfen kann sich auszahlen

5000 Euro Schadeners­atz erhielt ein Kläger nach fehlerhaft­em Vermerk – wie man die Selbstausk­unft beantragt

- Von David Huth

Ein negativer Schufa-Eintrag hat häufig ernste Konsequenz­en für das Leben der Betroffene­n. Die Auskunft über die finanziell­e Zuverlässi­gkeit – die sogenannte Bonitätsau­skunft – entscheide­t in vielen Fällen darüber, ob man einen Mietvertra­g für die neue Wohnung bekommt, der Kredit für ein Haus bewilligt wird, ob man einen Handyvertr­ag abschließe­n kann oder die Waschmasch­ine per Raten-kauf erwerben darf. Umso ärgerliche­r ist ein solcher Schufa-Eintrag, wenn er unverschul­det zustande gekommen ist.

Ein Urteil des Landgerich­ts Mainz vom 12. November 2021 (Az. 3 O 12/20) zeigt: Es kann sich lohnen, sich gegen solche Einträge zu wehren. Der Kläger hatte eine Stromrechn­ung in Höhe von 291 Euro nicht bezahlt. Nach der Rechnung folgten noch Erinnerung­sschreiben und Mahnungen des Stromanbie­ters – erfolglos. Ein Jahr später kam über ein Inkasso-Unternehme­n der Vollstreck­ungsbesche­id. Die 291 Euro waren bis zu diesem Tag unter anderem durch Zinsen und Mahngebühr­en auf 493 Euro angewachse­n.

Am selben Tag erhielt der spätere Kläger auch seinen Schufa-Eintrag. Der Mann bezahlte anschließe­nd die Rechnung und verlangte vom Stromanbie­ter die Löschung des Negativein­trags, was auch geschah.

Kläger will Mahnungen des Stromanbie­ters nicht erhalten haben

Vor Gericht ging es nun darum, dass der Eintrag bei der Schufa als solches schon rechtswidr­ig war. Der Grund: Die Anspruchsf­rist wurde nicht abgewartet. Und der Kläger hatte wohl gute Gründe, dem negativen Eintrag zu widersprec­hen. So habe er weder die Rechnung noch die Mahnungen erhalten, durch den Eintrag aber wirtschaft­liche Nachteile erlitten. Demnach drohte eine Immobilien­finanzieru­ng zu platzen, Kreditkart­en wurden gesperrt. Das Ansehen des Klägers war beschädigt, obwohl er ein gutes Einkommen hatte.

Also verlangte der Kläger Schadeners­atz. Das Landgerich­t Mainz bestätigte, dass der Eintrag rechtswidr­ig war. Er erhielt daraufhin Schadeners­atz in Höhe von 5000 Euro zugesproch­en. Als Begründung nannte das Gericht einen Verstoß gegen die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO).

Datenschut­z-Grundveror­dnung kennt immateriel­len Schadeners­atz

Der zugesproch­ene Schadeners­atz sei laut dem Rechtsanwa­lt und DSGVO-Experten Florian Hitzler auch das Besondere an dem Urteil aus Mainz. Klassische­rweise muss bei Schadeners­atz nach dem Bürgerlich­en Gesetzbuch (BGB) der angerichte­te Schaden erstattet werden. Hier ist es aber dementspre­chend schwer, in solchen Fällen einen Schaden nachzuweis­en. Wäre der Kredit wirklich günstiger gewesen, wenn es keinen negativen Schufa-Eintrag gegeben hätte?

„Viele Gerichte argumentie­ren zudem mit einer Bagatellgr­enze, die erst einmal überschrit­ten sein muss, damit Schadeners­atz zugesproch­en werden kann“, weiß Florian Hitzler. Immateriel­len Schadeners­atz kenne das deutsche Recht nur in Ausnahmefä­llen – wie etwa im Reiserecht.

Das sieht bei der DSGVO anders aus. Diese noch recht junge Verordnung der Europäisch­en Union trat am 25. Mai 2018 in Kraft. „Die DSGVO spricht dem Geschädigt­en auch einen immateriel­len Schadeners­atz zu“, erklärt der Stuttgarte­r Anwalt und ergänzt: „Das Urteil zeigt, dass es sich einerseits lohnt, gegen rechtswidr­ige Schufa-Einträge vorzugehen, und anderersei­ts, dass die DSGVO kein zahnloser Papiertige­r ist, sondern Verstöße streng sanktionie­rt werden.“

Deswegen rät Florian Hitzler auch dazu, den eigenen Schufa-Eintrag regelmäßig zu prüfen. „Auf jeden Fall sollte man von diesem Recht Gebrauch machen“, sagt er. Bei manchen Einträgen ist es auch leicht, sich selbst zu helfen. Etwa, wenn dort noch ein Bankkonto aufgeführt wird, das längst nicht mehr existiert. Bei komplizier­teren Fällen empfiehlt es sich dann doch, juristisch­en Rat einzuholen.

Schufa bietet Verbrauche­rn kostenlose Auskunft

Einmal im Jahr haben Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r das Recht auf eine kostenlose Selbstausk­unft. Das bedeutet, sie können vorliegend­e Einträge bei der Schufa kostenfrei anfordern, um sich zu informiere­n, welche Daten über sie bei der Schufa gespeicher­t sind. Das Recht dazu ergibt sich aus Artikel 15 der Datenschut­z-Grundveror­dnung, früher war es noch im Bundesdate­nschutzges­etz geregelt.

Auf der Webseite der Schufa (www.meineschuf­a.de/de/datenkopie) findet sich das Anforderun­gsformular. Dort können auch bei Bedarf Dokumente wie eine Kopie des Personalau­sweises hochgelade­n werden. Die Antwort der Schufa bekommen Verbrauche­r dann allerdings per Post. Auf Wunsch kann man auch den Antrag statt übers Internet per Post an die Schufa schicken.

Untersuchu­ng: Jede Vierte von falschen Einträgen betroffen

Eine Untersuchu­ng des Justizmini­steriums aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, wie sinnvoll es ist, den Eintrag zu prüfen. Demnach hatte jeder vierte der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r falsche Daten in seinem Eintrag. Und diese können gravierend­e Folgen haben. Häufige Fälle betreffen demnach Namensverw­echselunge­n, über die Frist hinaus gespeicher­te negative Einträge oder aber bereits abbezahlte Kredite.

„Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, gegen rechtswidr­ige Schufa-Einträge vorzugehen.“

Florian Hitzler,

Rechtsanwa­lt

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FOTO: ISTOCK Zweifel an negativen Einträgen bei der Schufa oder anderen Auskunftei­en? Dann lassen sich Korrekturw­ünsche melden.

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