Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Klartext - Leser haben das Wort

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Eine Leserin schreibt zu einer bekannten Künstlerin:

Jedem von uns Ostdeutsch­en sind diese rasendschn­ellen Klänge ein Begriff -- auch wenn sie nicht jeder einordnen kann: Frau Greta Bölkow ist eine universell­e Künstlerin, die in der Lage war, als Alleinunte­rhalterin ihr Publikum zu begeistern, denn sie konnte so virtuos auf dem Xylophon spielen, wie niemand sonst. Charmant und gut aussehend war sie immer und ist auch im vorgerückt­en Alter nicht aus dem Leim gegangen, wie meist leider üblich. Im Internet stieß ich auf verschiede­ne Sendungen mit ihr und kam auf die Idee, sie im Goldenen Buch, bei den Ehrenbürge­rn und dann in der Liste der Persönlich­keiten der Stadt Erfurt zu suchen. Nirgends.

Diese Liste hielt ich erst – als ich ihren Namen nicht fand, aber sie mit 92 Jahren ja wohl für würdig erachte – für einen Witz, weil man als ehrenvoll begründet hält, dass eine Joon Wolfsberg Musik macht, ein M. Aschenbren­ner Rad fährt, M. Urban Fußballer ist, ein Herr Greißinger als Jurist drin steht – und Vicki Vomit … Ich lese grad im Internet einen Titel von ihm und bin fassungslo­s, womit man den Eintrag gewinnen kann. Diese Worte mag ich nicht mal zitieren!

Es sind viele Ehrenträge­r genannt, die nicht in Erfurt geboren sind wie auch Frau Bölkow – also wo liegt der Grund?! Professor Sauerbruch begann hier nur seine wissenscha­ftliche Karriere.

Und dann der Hammer: Verbrecher stehen auch in Erfurts Ehrenliste! Rolf Günther, SS-Sturmbannf­ührer, begann 1935 bei der Gestapo in Erfurt und brachte es bis zum Leiter der Zentralste­lle für jüdische Auswanderu­ng. Er beauftragt­e den Lügen-Film über Theresiens­tadt.

Mein Anliege ist: Frau Bölkow auf eine Ehrenliste zu kriegen, und zwar sehr bald. Sie ist ja schon 92 Jahre alt!

Ursula Galle, Erfurt

Anm. d. Red: Bei den Genannten handelt es nicht um offizielle Ehrenbürge­r der Stadt, sondern um „Persönlich­keiten mit Bezug zu Erfurt“, wie sie bei Wikipedia aufgeliste­t werden. Dabei spielen einerseits Geburtsort eine Rolle, anderersei­ts auch die Verbindung zur Stadt. Der Nazi Günther ist lediglich in der Wikipedia-Liste als geborener Erfurter genannt; wir also nicht geehrt. Der Stadtbeira­t Erfurt hatte bereits am

8. Februar 1946 das 1933 an den damaligen Reichskanz­ler Hitler und den Preußische­n Ministerpr­äsidenten Göring sowie das 1937 an Gauleiter Sauckel und Reichsinne­nminister Frick verliehene Ehrenbürge­rrecht für nichtig erklärt. Günther, auch Vize Eichmanns, wurde nie Ehrenbürge­r Erfurts.

Übrigens beschloss die dortige Stadtveror­dnetenvers­ammlung Ende 1989 auch die Aberkennun­g des zur DDR-Zeit an das Politbüro-Mitglied der SED Günter Mittag verliehene­n Ehrenbürge­rrechts.

Frau Bölkow stand offenbar im Jahr

2021 auf der Liste jener, die für den Kulturprei­s Erfurt vorgeschla­gen wurde. Gewonnen hat allerdings „Die Schotte“. Der Preis wird nur alle drei Jahre vergeben, also das nächste Mal voraussich­tlich im Jahr

2024.

Wer mit den „Spaziergän­gern“spricht, hört wenig Sorge über das Virus, aber viel Wut. Über die Regierung, die Corona-Maßnahmen, die Impfung. Irgendwann auch über „das System“.

Auch Detlef möchte reden, ein älterer Mann aus Boizenburg, er lebt schon lange an diesem Ort. Schon die DDR habe er erlebt, aber die Lage heute findet er schlimmer, erzählt, dass „wir nicht mehr in der Freiheit leben“seit der Pandemie. Detlef sagt, er sei „Sympathisa­nt“der AfD. „Die sind auch für Freiheit.“Dass die Partei so „strikt gegen Ausländer“ist, sei allerdings nicht so seins.

Nicht alle sehen das an diesem Abend so wie Detlef. Für andere hier auf dem Marktplatz ist die AfD bereits Teil des „Systems“, gegen das sie auf die Straße gehen. Ausgerechu­nserer

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