Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Auf den Spuren von Geheimagent 007
Einst raste Roger Moor als Geheimagent James Bond 007 bei einer wilden Verfolgungsjagd auf Skiern die traditionsreiche Bobbahn von Cortina d’Ampezzo herunter. Mehr als 40 Jahre ist es her, dass hier der Film „In tödlicher Mission“gedreht wurde. Tatsächlich hielt die Realität so manchen dunklen Moment an der Eisrinne bereit. Mit Anton Pensperger 1966 und dem US-Amerikaner Jimmy Morgan im Jahre 1981 kamen hier zwei Bobfahrer ums Leben.
Später wurde die Eisschlange stillgelegt. Seit 14 Jahren rast kein Schlitten mehr herunter, wo Wolfgang Hoppe im Winter 1989 den dritten WM-Titel seiner Karriere abräumte. Nun aber soll der Anlage neues Leben eingehaucht werden. Denn so nachhaltig die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina auch sein wollen, ein paar Millionen Euro muss Italien schon noch in die Hand nehmen. Bei allem olympischen Ehrgeiz, eine Bob- und Rodelbahn existiert in dem Land nämlich nicht. Die Alpenschutzkommission Cipra forderte das Internationale Olympische Komitee auf, die Pläne zu überdenken. Es sei Verschwendung, nun 70 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um die Bahn in Cortina wieder aufzubauen.
Dass auch in Europa die olympische Mission – zumindest in der
Vergangenheit – selten auf Nachhaltigkeit setzte, zeigt auch das Beispiel der Winterspiele 2006 von Turin auf krasse Weise. Erst wurde die Anlage ein Jahr vor Olympia, für 77 Millionen Euro in die Landschaft gesetzt, dann mussten nach zahlreichen Stürzen mehrere Umbauten erfolgen. Andre Lange krönte sich hier übrigens zum Doppel-Olympiasieger. Aber nur sechs Jahre nach der Inbetriebnahme erfolgte bereits die Stilllegung.
Längst ist der öffentliche Druck so groß, dass Fragen der Nachhaltigkeit nicht so leicht vom Tisch gewischt werden können. Nur 160 Kilometer weiter nördlich wird deshalb wild spekuliert, ob nicht vielleicht Innsbruck-Igls nach 1964 und 1976 zu einem unverhofften Olympia-Comeback kommt, obwohl im Herbst 2017 die Bürger der Stadt sich mehrheitlich gegen eine Bewerbung als Ausrichterort aussprachen. „Bob-Coup. Steigt Olympia 2026 in Österreich?“, frohlockten vor wenigen Tagen schon die Medien im Nachbarland.
Allerdings: Auch die Bahn in Innsbruck-Igls ist in die Jahre gekommen, die Zulassung läuft 2024 aus. Doch dort werden wohl demnächst die nötigen Investitionen umgesetzt, zumal der Standort ja regelmäßig in den Weltcup-Kalendern der Bobpiloten, Rodler und Skeletonfahrer auftaucht. Immerhin aber werden bei den Winterspielen in vier Jahren zahlreiche Wettkampfstätten genutzt, die ohnehin schon existieren und auch bei hochkarätigen Wettbewerben schon erprobt wurden. Dem Gigantismus wird Einhalt geboten.
Der Preis für Nachhaltigkeit: Die Anlagen sind ziemlich weit verstreut. Im Fleimstal zum Beispiel, wo 2013 die Nordische Ski-WM stattgefunden hat, sollen das Skispringen, die Nordische Kombination und der Langlauf ausgetragen werden. Die Biathleten treten im von Mailand etwa 350 Kilometer entfernten Antholz an. Auch für die alpinen Skirennläufer wären die Pisten schon vorhanden.
Derweil denkt sogar Barcelona über Winterspiele im Jahr 2030 nach. Aber auch hier lägen die Wettkampfstätten weit verstreut. Dann sollen die ohnehin vorhandenen Olympia-Sportstätten von 1992 in den französischen Alpen genutzt werden. Denn ein Neubau einer Bob- und Rodelbahn kommt nicht infrage. Allerdings könnte ein geplantes Referendum diese Pläne noch stoppen.
Der Klimawandel sorgt vor allem dafür, dass immer mehr Orte als Olympia-Ausrichter ausfallen. Denn: Eine internationale Studie legte Daten vor, wonach wegen des aktuellen CO2-Anstiegs von den bisherigen 21 Winterspielorten im Jahr 2050 lediglich noch vier – nämlich Lillehammer, Oslo, Lake Placid und Sapporo – verlässlich auf faire Bedingungen hoffen könnten.
Aus diesem Blickwinkel macht der Vorschlag von Rodel-Olympiasieger Felix Loch durchaus Sinn. „Warum gehen wir nicht nach Lillehammer und bringen dort die Olympiastätten wieder auf Vordermann?“Es wäre die Rückkehr des Wintersports zu seinen Wurzeln.