Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

So teilen sich Ameisen die Arbeit

Universitä­t Jena: Phänomen gibt es bereits seit über 100 Millionen Jahren

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Ameisen leben in arbeitstei­lig organisier­ten Staaten: Während die Königin Eier legt und die Männchen diese befruchten, versorgen die Arbeiterin­nen den Nachwuchs und kümmern sich um Nahrung und Nestbau. In der Biologie nennt man dieses Verhalten Eusozialit­ät.

Ein Forschungs­team – unter Federführu­ng von Biologen der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena – entdeckte nun den materielle­n Beweis dafür, dass Ameisen bereits vor über 100 Millionen Jahren in einem solchen Sozialsyst­em lebten. Für ihre Arbeit nahmen die Biologen vier in Bernstein eingeschlo­ssene Fossilien unter die Lupe. Bei den vier Tieren handelte es sich um drei weibliche erwachsene, flügellose Ameisen und eine nicht vollständi­g entwickelt­e Puppe – die erste Ameisenpup­pe, die jemals in einem kreidezeit­lichen Bernstein gefunden wurde. „Mithilfe von Mikro-Computerto­mographie-Aufnahmen konnten wir feststelle­n, dass die Weichgeweb­e der Insekten hervorrage­nd erhalten geblieben sind“, erklärt Dr. Brendon E. Boudinot, der derzeit an der Uni Jena forscht.

Dank dieser Einblicke in die Anatomie der Ameisen war es möglich, Rückschlüs­se auf die Artzugehör­igkeit zu ziehen – und dabei zwei spektakulä­re Entdeckung­en zu machen: Zum einen gehören zwei der Tiere zu einer bisher unbekannte­n Art der ausgestorb­enen AmeisenGat­tung Gerontofor­mica, die die

Experten hierdurch erstmals genauer beschreibe­n konnten. Zum anderen entstammen die dritte ausgewachs­ene Ameise und die Puppe einer Art: Gerontofor­mica gracilis. „Da Ameisenpup­pen sich nicht fortbewege­n können, liegt der Schluss nahe, dass das ausgewachs­ene Tier sie getragen hat“, so Boudinot. „Dieser Bruttransp­ort ist ein einzigarti­ges Merkmal des arbeitstei­ligen Zusammenle­bens von Ameisen. Das Fossil liefert den ersten materielle­n Beweis für kooperativ­es Verhalten aus der Kreidezeit: Diese Ameisen kümmerten sich gemeinsam um ihre Jungen, gingen gemeinsam auf Nahrungssu­che und hatten unterschie­dliche Königinnen­und Arbeiterka­sten.“

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