Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Wird Gas jetzt doppelt so teuer?

Turbulente Börsen und weiter steigende Energiepre­ise: Was die Ukraine-Krise für Haushalte in Deutschlan­d bedeutet

- Von Tobias Kisling und Alexander Klay

Die Eskalation zwischen der Ukraine und Russland wird sich auch in den Geldbeutel­n der Verbrauche­r hierzuland­e bemerkbar machen. Die deutsche Wirtschaft ist eng mit der russischen verwoben, insbesonde­re beim Thema Energie.

Wie teuer und knapp wird Gas?

Kurz nachdem die Bundesregi­erung das Zertifizie­rungsverfa­hren für die Gaspipelin­e Nord Stream 2 auf Eis gelegt hatte, drohte Dmitri Medwedew, Vizechef des Nationalen Sicherheit­srates in Russland, auf Twitter: „Willkommen in der schönen neuen Welt, in der die Europäer sehr bald 2000 Euro für 1000 Kubikmeter Erdgas bezahlen werden!“Damit würde sich der Gaspreis gegenüber dem aktuellen bereits sehr hohen Niveau ungefähr um den Faktor 2,5 erhöhen.

Fachleute erwarten wegen des Stopps für Nord Stream 2 jedoch vorerst keine Engpässe. „Wir benötigen diese Pipeline nicht, da sie auch zur Sicherung der Energiever­sorgung nicht notwendig ist“, sagte Claudia Kemfert, Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), unserer Redaktion. „Wir können Gas aus ausreichen­den anderen Quellen beziehen.“Die Frage sei eher, ob es zum generellen Lieferstop­p von Gas aus Russland kommt. Kemfert:

„Auch dies könnten wir überbrücke­n, zumindest für einen gewissen Zeitraum.“

Der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) hat die Bundesregi­erung aufgeforde­rt, Wege der Gasversorg­ung abseits von Russland ausfindig zu machen.

Wird auch Strom teurer?

Europa ist bei der Energie abhängig von Russland. „45 Prozent der EUImporte von Kohle stammen aus Russland, 20 Prozent des russischen Gases wird hier verstromt“, sagt Analyst Leuchtmann. Russland ist zudem Uranexport­eur, auf längere Sicht könnte es also auch bei Ländern wie Frankreich, die auf Atomkraft setzen, ruckeln, sollte sich der Konflikt nicht entspannen. „Strom würde deutlich teurer werden.“

Was ist mit anderen Gütern?

Russland ist auch reich an Rohstoffen wie Nickel, Aluminium oder Holz. Empfindlic­h treffen könnte es die Autobauer, wenn Russland kein Palladium mehr liefern würde. Das silberne Metall wird beispielsw­eise in Katalysato­ren verbaut.

Was bedeutet der Krieg fürs Depot?

Zum Wochenstar­t rummste es ordentlich an der Börse. Am Montag fiel der Deutsche Aktieninde­x Dax auf den tiefsten Stand seit elf Monaten. Am Dienstag erholte sich der Leitindex leicht. Trotzdem liegt er nach wie vor mehr als sieben Prozent unter dem Rekordhoch von Anfang Januar.

„Wir befinden uns im Nebel des Krieges. Sollte sich die Situation verschärfe­n, kann es auch an den Börsen noch mal deutlich nach unten gehen“, sagte Christian Kahler, Chefanlage­stratege der DZBank. „Wichtig ist für Anleger jetzt, dass sie ruhig Blut bewahren. Jetzt noch schnell zu handeln und aus Angst vor weiteren Verlusten zu verkaufen, bringt in der Regel nichts“, warnte Kahler. Er rät Anlegern, zu überprüfen, ob sich im Depot Aktien von Unternehme­n befinden, die im Handel eng mit Russland verwoben sind. Solche Titel könne man umschichte­n.

Zugleich sieht Kahler in den Kursrückse­tzern Kaufchance­n: „Auch im Dax gibt es viele Unternehme­n mit Dividenden­renditen von rund vier Prozent. Angesichts der Niedrigzin­sphase können solche Dividenden­aktien insbesonde­re für risikosche­uere Anleger jetzt interessan­t sein.“

 ?? FOTO: JAN WOITAS / DPA ?? Die Gaspreise dürften weiter steigen.
FOTO: JAN WOITAS / DPA Die Gaspreise dürften weiter steigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany