Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Wird Gas jetzt doppelt so teuer?
Turbulente Börsen und weiter steigende Energiepreise: Was die Ukraine-Krise für Haushalte in Deutschland bedeutet
Die Eskalation zwischen der Ukraine und Russland wird sich auch in den Geldbeuteln der Verbraucher hierzulande bemerkbar machen. Die deutsche Wirtschaft ist eng mit der russischen verwoben, insbesondere beim Thema Energie.
Wie teuer und knapp wird Gas?
Kurz nachdem die Bundesregierung das Zertifizierungsverfahren für die Gaspipeline Nord Stream 2 auf Eis gelegt hatte, drohte Dmitri Medwedew, Vizechef des Nationalen Sicherheitsrates in Russland, auf Twitter: „Willkommen in der schönen neuen Welt, in der die Europäer sehr bald 2000 Euro für 1000 Kubikmeter Erdgas bezahlen werden!“Damit würde sich der Gaspreis gegenüber dem aktuellen bereits sehr hohen Niveau ungefähr um den Faktor 2,5 erhöhen.
Fachleute erwarten wegen des Stopps für Nord Stream 2 jedoch vorerst keine Engpässe. „Wir benötigen diese Pipeline nicht, da sie auch zur Sicherung der Energieversorgung nicht notwendig ist“, sagte Claudia Kemfert, Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), unserer Redaktion. „Wir können Gas aus ausreichenden anderen Quellen beziehen.“Die Frage sei eher, ob es zum generellen Lieferstopp von Gas aus Russland kommt. Kemfert:
„Auch dies könnten wir überbrücken, zumindest für einen gewissen Zeitraum.“
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat die Bundesregierung aufgefordert, Wege der Gasversorgung abseits von Russland ausfindig zu machen.
Wird auch Strom teurer?
Europa ist bei der Energie abhängig von Russland. „45 Prozent der EUImporte von Kohle stammen aus Russland, 20 Prozent des russischen Gases wird hier verstromt“, sagt Analyst Leuchtmann. Russland ist zudem Uranexporteur, auf längere Sicht könnte es also auch bei Ländern wie Frankreich, die auf Atomkraft setzen, ruckeln, sollte sich der Konflikt nicht entspannen. „Strom würde deutlich teurer werden.“
Was ist mit anderen Gütern?
Russland ist auch reich an Rohstoffen wie Nickel, Aluminium oder Holz. Empfindlich treffen könnte es die Autobauer, wenn Russland kein Palladium mehr liefern würde. Das silberne Metall wird beispielsweise in Katalysatoren verbaut.
Was bedeutet der Krieg fürs Depot?
Zum Wochenstart rummste es ordentlich an der Börse. Am Montag fiel der Deutsche Aktienindex Dax auf den tiefsten Stand seit elf Monaten. Am Dienstag erholte sich der Leitindex leicht. Trotzdem liegt er nach wie vor mehr als sieben Prozent unter dem Rekordhoch von Anfang Januar.
„Wir befinden uns im Nebel des Krieges. Sollte sich die Situation verschärfen, kann es auch an den Börsen noch mal deutlich nach unten gehen“, sagte Christian Kahler, Chefanlagestratege der DZBank. „Wichtig ist für Anleger jetzt, dass sie ruhig Blut bewahren. Jetzt noch schnell zu handeln und aus Angst vor weiteren Verlusten zu verkaufen, bringt in der Regel nichts“, warnte Kahler. Er rät Anlegern, zu überprüfen, ob sich im Depot Aktien von Unternehmen befinden, die im Handel eng mit Russland verwoben sind. Solche Titel könne man umschichten.
Zugleich sieht Kahler in den Kursrücksetzern Kaufchancen: „Auch im Dax gibt es viele Unternehmen mit Dividendenrenditen von rund vier Prozent. Angesichts der Niedrigzinsphase können solche Dividendenaktien insbesondere für risikoscheuere Anleger jetzt interessant sein.“