Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Polizei hebt Crystal-Labor in Erfurt aus
Thüringer Ermittlern gelingt Schlag gegen Drogenkriminalität. Mehrere Männer werden festgenommen
Die Bilanz beeindruckt und erschreckt zugleich. Auf einem Industriegelände im Osten Erfurts haben Thüringer Ermittler die bundesweit bisher größte bekannte Drogenküche zur Herstellung von Metamphetamin, besser bekannt als Crystal Meth, ausgehoben.
Seit Montag waren die Ermittler in Erfurt sowie im Landkreis Sömmerda – dort befand sich ein Lager – mit der Beweissicherung befasst. Insgesamt 110 Kilogramm Rauschgift wurden gefunden, wobei in dem Lager in Sömmerda 100 Kilogramm Marihuana und im Drogenlabor in Erfurt zehn Kilogramm der synthetischen Droge Crystal Meth sichergestellt wurden.
Dass das nur die Spitze des Eisbergs sein könnte, lässt sich bei einem Blick auf die Beschreibung der weiteren Asservate erahnen: „Das professionell eingerichtete Labor und die festgestellten Grundstoffe eigneten sich dafür, bis zu einer Tonne der chemischen Droge zu produzieren“, heißt es vom Landeskriminalamt. Neben dem Rauschgift stellten die Beamten zwei Schusswaffen, Munition und Bargeld in sechsstelliger Höhe sicher. Darüber hinaus wurden Fahrzeuge und Handys konfisziert.
Fünf verdächtige sitzen in untersuchungshaft
Die Ermittler halten fünf Männer im Alter von 30 bis 54 Jahren für die Hauptverdächtigen. Das Quintett wurde festgenommen und verbleibt nach der Haftprüfung in Untersuchungshaft. Für drei der fünf Männer ist das nicht die erste Erfahrung mit dem Gefängnis. Der Geraer Oberstaatsanwalt Thomas Riebel bestätigte auf Anfrage, dass drei Tatverdächtige bereits einschlägig vorbestraft sind und zum Teil bereits längere Haftstrafen abgesessen haben. Die anderen beiden Männer seien wegen kleinerer Delikte ebenfalls polizeibekannt.
Riebel nannte den Ermittlungserfolg „einen der größten bei Sicherstellungen“, der ihm bisher bekannt geworden sei. Ob sich die Bande mit ihrer Drogenküche auf den regionalen Absatzmarkt beschränkte oder auch darüber hinaus tätig geworden ist, das würden die weiteren Ermittlungen zeigen.
Erfurt und Crystal Meth – das gibt es in dieser Verbindung nicht zum ersten Mal. Im Jahr 2018 war Erfurt erstmals Spitzenreiter bei den gemessenen Crystal-Meth-Rückständen im Abwasser. Das deutete seinerzeit, so hatten es Experten des
„European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction“ermittelt, darauf hin, dass mehr als 200 Gramm der Droge täglich in Erfurt konsumiert werden.
Im vergangenen Juli hatten Experten der Technischen Universität Dresden nach einer Abwasseruntersuchung den Wert bereits mit bis zu 300 Gramm angegeben und Erfurt weiterhin an der Spitze in Europa gesehen. Möglicherweise ist die Aushebung des Labors ein Indiz dafür, dass die Rückstände im Abwasser nicht ausschließlich auf den Konsum zurückzuführen sind.
CDU-Innenexperte Raymond Walk sprach nach dem Ermittlungserfolg des LKA von einer „neuen Qualität“, die sich im Bereich der organisierten Drogenkriminalität zeige und an diesem Beispiel offenkundig werde. „Der Kampf dagegen gelingt nur mit langem Atem“, sagte er dieser Zeitung. Drogenkriminalität und der Konsum müssen aus der Sicht des früheren hochrangigen Polizeibeamten auch politisch wieder stärker in den Fokus genommen werden, denn die Zahl der Drogentoten habe sich zwischen 2018 und 2020 verdoppelt.
Möglicherweise haben die Ermittler in Thüringen mit dem jetzt erfolgten Zugriff der organisierten Rauschgiftkriminalität in Thüringen einen empfindlichen Schlag versetzt. Innenminister Georg Maier (SPD) schrieb auf Twitter von einem „wichtigen Erfolg“und lobte die „hervorragende Arbeit“der Thüringer Polizei.