Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Rauschgift, FBI und Familientreff
Gerichtsbericht Wie ein Verfahren gegen eine mutmaßliche Drogenhändlerbande am Landgericht Gera beginnt
Polizei wacht vorm Justizzentrum Gera, auf den Fluren und im Verhandlungssaal: Am Landgericht Gera hat am Mittwoch ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitglieder einer Bande begonnen, die in Thüringen mit 49 Kilogramm Crystal, 34 Kilogramm Marihuana, zehn Kilogramm Amphetamin, Kokain und Waffen gehandelt haben soll.
Das Gericht hat das Verfahren gegen das dritte Bandenmitglied abgetrennt, weil dieses zugleich als Kronzeuge im Prozess aussagen soll. Der Mann befindet sich im Zeugenschutzprogramm. Der mutmaßliche Bandenanführer, der einst in Kreisen eines Rockerclubs verortet war, ist gerichtsbekannt. Er soll das Geschäft aus einem kleinen Ort nahe Gera gesteuert haben. Die Bande kaufte der Staatsanwaltschaft zufolge größere Mengen Drogen in Berlin oder Halle ein und lieferte sie regelmäßig an Kunden aus. Die Abnehmer saßen beispielsweise in Jena, Erfurt, Sömmerda oder Arnstadt. Der Mitangeklagte soll aller paar Tage in Mietfahrzeugen auf Tour gegangen sein, um die Ware zu liefern oder in Erddepots zu hinterlegen. Ermittler fanden in einem Tresor 78.600 Euro, die sie dem Anführer zuschreiben.
Die Bande soll über Smartphones mit der Verschlüsselungssoftware AM0N kommuniziert haben. Doch das FBI hatte diese eigens entwickelt, um vermeintlich verschlüsselte Nachrichten mitlesen zu können. Die US-Amerikaner lieferten die Datensätze nach Deutschland.
Die Justiz stellte den in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten Laptops zur Verfügung, damit sie im Gefängnis die Akten lesen können. Der Hauptangeklagte kritisiert die langsame Technik und spricht plötzlich wieder mit der Vorsitzenden Richterin Andrea Höfs, der er vorher Auskünfte zu seiner Person verweigert hatte, weil sie ihm die Fußfesseln nicht abnehmen ließ. Sie begründet dies mit unterschiedlichen Sicherheitseinschätzungen im Vergleich zum anderen Angeklagten, der keine Fesselung trug.
Der Hauptangeklagte hat durchgesetzt, dass seine Frau neben ihm als Beistand sitzen darf. Vorm Prozess hatte der Mann 15 Minuten Zeit, im Verhandlungssaal sein neugeborenes Kind kennenzulernen.
Wegen Urlaubsplänen und Krankheit hatte sich die SchöffenBesetzung für das Verfahren fünfmal geändert. Verteidiger Markus Kruppa will das überprüfen.
Weitere 28 Verhandlungstage sind bis Oktober angesetzt.