Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Ausgangssperren und mehr Polizei – Ukraine vor Ausnahmezustand
Berlin.
Angesichts der wachsenden Spannungen bereitet sich die Ukraine auf eine Invasion durch Russland vor. Der Sicherheitsrat in Kiew kündigte am Mittwoch die Ausrufung des Ausnahmezustandes für das gesamte Land an. Das beziehe sich zunächst auf die kommenden 30 Tage, sagte der Sekretär des Sicherheitsrates, Olexij Danilow. Möglich seien unter anderem Ausgangssperren. Auch verstärkte Polizeipräsenz und das Recht auf willkürliche Kontrollen von Personen und Autos wären damit zulässig.
Zudem ordnete das Militär die Mobilisierung von rund 250.000 von Reservisten an. Die Mobilisierung betreffe Reservisten im Alter von 18 bis 60 Jahren für eine Dauer von maximal einem Jahr, teilten die ukrainischen Streitkräfte mit. Das ukrainische Parlament stimmte in erster Lesung einer Gesetzesänderung zu, die den Waffeneinsatz für Zivilisten zur Selbstverteidigung erleichtern soll.
EU-Ratspräsident Charles Michel hat die Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel einberufen. Es sei wichtig, dass die EU weiter geschlossen und bestimmt handele, schrieb Michel. Das Treffen soll am Donnerstagabend beginnen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor Putin der Lüge bezichtigt. „Wenn man vor einer Woche A gesagt hat und jetzt das Gegenteil tut, dann hat man nicht die Wahrheit gesagt. Oder auf
Deutsch: Dann hat man gelogen.“Baerbock bezog sich auf das Versprechen des Kremlchefs, die Ukraine nicht anzugreifen.
Ob bereits russische Truppen in der Ukraine aktiv sind, wurde offiziell noch nicht bestätigt. In den sozialen Netzwerken kursieren allerdings Videos von russischen Soldaten in den „Volksrepubliken“sowie von Bewegungen russischer Verbände aus Belarus Richtung ukrainischer Grenze. Die Separatisten selbst haben ebenfalls von der Anwesenheit russischer Kräfte berichtet. All diese Informationen konnten jedoch nicht von unabhängigen Quellen überprüft werden.
Nach US-Einschätzungen sind die militärischen Bedingungen für eine russische Großoffensive in der Ukraine bereits erreicht. „Fast 100 Prozent der für eine vollumfängliche Invasion erforderlichen Soldaten befinden sich inzwischen an der richtigen Position“, sagte ein Vertreter des Pentagon am Mittwoch vor Journalisten.
Russland zog am Mittwoch sein diplomatisches Personal aus der Ukraine ab. Vor dem Hintergrund eines befürchteten russischen Angriffs erließ der ukrainische Grenzschutz mehrere Verbote. Vor allem ist der Aufenthalt in der Nähe der Grenzen zu Russland, Belarus und den ostukrainischen Separatistengebieten
zur Nachtzeit verboten. Ausländer dürfen sich nicht im Grenzstreifen aufhalten.
Im Konfliktgebiet haben internationale Beobachter erneut mehr als 1000 Explosionen registriert. Besonders betroffen war nach einem Bericht der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Luhansk mit 1224 „Verstößen gegen den Waffenstillstand“, darunter 1149 Explosionen. Das Zivilschutzministerium in Moskau teilte mit, die Zahl der in Russland aufgenommenen Flüchtlinge aus dem Donbass liege bei 100.000. Die Menschen würden in verschiedenen Teilen des Landes untergebracht. Die Ukraine rief ihre Staatsbürger zum „unverzüglichen“Verlassen des Nachbarlandes auf.