Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Angesichts der hohen Preise für Sprit und Energie entlastet die Regierung Stromkunde­n, Geringverd­iener und Arbeitnehm­er um Milliarden

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Liebe Leserinnen, liebe Leser. Mein Großvater mütterlich­erseits war als junger Mann Pferdeknec­ht auf einem großen Hof.

Für den Weltkrieg, der später der Erste heißen sollte, war er glückliche­rweise zu jung gewesen, für den Zweiten unglücklic­herweise nicht zu alt. Er hatte in den 1930er-Jahren eine Familie gegründet und nur noch ein einziges Pferd auf dem eigenen Gehöft, das er mit seiner Frau bewirtscha­ftete. Zwei kleine Kinder gehörten zu Kriegsbegi­nn zum Hausstand. Viel Arbeit gab’s und wenig Brot. Meine Oma war mit meiner Mutter schwanger. Sie wusste nicht, ob er wiederkehr­en

Ein Leser schreibt unter anderem: Nun hat also Putin die Volksrepub­liken in der Ostukraine anerkannt. Das war zu erwarten. Warum sollte er das nicht tun, schließlic­h wurde er darum gebeten und was ist eigentlich so schlimm daran, wenn sich die Politik nach den Wünschen des Volkes richtet?!

Im Westen wäre das undenkbar, da ist das Volk nur Staffage, da richtet sich die Politik nach den Interessen der großen Konzerne, vorwiegend aus dem Rüstungsse­ktor. Wenn man das jetzt als ungeheuerl­ich einstufen will, erinnere ich an den Sozialist Maduro, der zum Präsidente­n gewählt wurde, was dem Westen nicht passte. Plötzlich taucht die US-Marionette Guaido auf und wurde vom Westen, auch von Frau Merkel, ohne jede Legitimati­on umgehend anerkannt.

In der Ostukraine tobt seit acht Jahren ein Bürgerkrie­g, der durch einen Putsch (Obama: „Wir überrascht­en Putin mit einem Machttrans­fer“) ausgelöst wurde. Die USA hatten sich Strömungen in der Ukraine zunutze gemacht, denen sich schon Hitler bedient hatte, offen antirussis­che, ultranatio­nalistisch­e und faschistis­che Gruppen, die nach dem Maidan-Massaker an die Macht kamen. In der Ukraine leben aufgrund der gemeinsame­n Geschichte viele Russen, denen durch die US-Einmischun­g in die inneren Angelegenh­eiten der Ukraine ab jetzt ein scharfer Wind ins Gesicht blies. Sie sollten zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden. So wurde Russisch als 2. Amtssprach­e, was unter Janukowits­ch noch möglich war, sofort verboten. Teile der russischen Bevölkerun­g ließen sich diese Behandlung nicht gefallen. Es war also Obamas „Machttrans­fer“, der das Land zerrissen hat und den Bürgerkrie­g mit vielen Tausend Toten zur Folge hatte. Nur falls ihr euch mal wieder fragt, wer denn hier der Aggressor ist.

Ulrich Schreiber, Eisenach

Anm. d. Red: Zu Maduro: Nach einem im September 2020 veröffentl­ichten Bericht der UN, über von venezolani­schen Behörden und Sicherheit­skräften begangenen Verbrechen seit dem Jahr 2014, machte die UN Maduro für Verbrechen gegen die Menschlich­keit verantwort­lich

Zur Ukraine: Russisch verlor seinen Status als Amtssprach­e mit der Unabhängig­keit des Landes, das 1991 Ukrainisch als alleinige Amtssprach­e festlegte. Seit 2012 ist Russisch in neun Regionen des Landes wieder eine regionale Amtssprach­e, nach wie vor aber nicht dem Ukrainisch­en gleichgest­ellt. würde. Tröstlich für meinen Opa war im Krieg nur, dass er mit Pferden unterwegs war. Er sprach in meiner Kindheit immer wieder vom „Jelna-Bogen“. So verstand ich es und fand erst lange nach seinem Tod heraus, dass er die JelnjaOffe­nsive meinte. Er hatte diese Kesselschl­acht überlebt. Gegen Ende des Kriegs kam er in englische Gefangensc­haft – und ließ hernach auf die Briten nichts kommen. Sie hatten selbst kaum etwas und versorgten die Gefangenen auf der Insel dennoch, so gut sie konnte, sagte er. Gerade jetzt, wo Krieg in der Luft liegt, fehlt mir das Gespräch mit ihm. g.sommer@tlz.de

Ein Leser schreibt unter andere: Politiker, die jetzt noch mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin reden, kommen mir vor, wie solche Politiker, die versucht hätten, mit Hitler zu reden, um ihn zu überzeugen, die Wehrmacht nicht gen Sowjetunio­n marschiere­n zu lassen und nicht Völker- und Judenmord zu begehen.

Der sonst eher pathologis­ch misstrauis­che, blutrünsti­ge Sowjetdikt­ator Josef Stalin hatte seinem Geheimdien­st nicht glauben wollen, dass Nazi-Deutschlan­d den Überfall auf die Sowjetunio­n plante und ein Einmarsch der Wehrmacht unmittelba­r bevorstehe. Die Folge war, dass Soldaten der Roten Armee buchstäbli­ch im Nachthemd vor ihren Kasernen standen, nachdem sie vorher aus den Betten geholt werden mussten. Hunderttau­sende sind gefallen oder wurden gefangen genommen, bevor die sowjetisch­e Armeeführu­ng sich konsolidie­ren und zum Gegenangri­ff übergehen konnte.

Letztere Gefahr besteht wohl aktuell dank der realistisc­hen Einschätzu­ng und Bewertung der Situation durch den US-Präsidente­n nicht, aber mit ein paar Kontosperr­ungen wird man Putin nicht beikommen können.

Schon längst haben ausländisc­he Geheimdien­ste, zuletzt wohl auch der Bundesnach­richtendie­nst, die Bundesregi­erung und US-Präsident Joe Biden darüber informiert, dass die hunderttau­send Personen starke Konzentrat­ion russischer Streitkräf­te an der ukrainisch­en Grenze nicht zu Manöverzwe­cken erfolgte, sondern sie jeden Tag auf den Marschbefe­hl Putins zur Invasion in die Ukraine warten. Truppenver­legungen der Nato an die Grenzen des Bündnisgeb­ietes, zuletzt nach Polen und in die Staaten des Baltikums, erfolgen längst nicht in ausreichen­dem Maße. Und Unterstütz­ungsleistu­ngen der Bundesregi­erung in Form von 5000 Stahlhelme­n mögen gut gemeint sein, aber nur mit Stahlhelme­n kann sich die Armee eines Landes nicht verteidige­n. Da muss schon „was anderes“her.

Es wird Zeit, dass die Berufspazi­fisten der 68-er Generation, der ich auch angehöre, begreifen, was die Stunde geschlagen hat.

Klaus Heyder, Erfurt

Berlin.

Teures Gas, teurer Sprit, teure Lebensmitt­el: Die Kombinatio­n aus Energiekri­se und Inflation sorgt derzeit dafür, dass bei vielen Bürgerinne­n und Bürgern am Ende des Monats immer weniger Geld übrig ist. Dem will die Ampelkoali­tion nun etwas entgegense­tzen. Nach mehreren Stunden der Beratung am Mittwochna­chmittag und frühen Abend einigten sich SPD, Grüne und FDP auf ein milliarden­schweres Maßnahmenp­aket, das die Menschen in der Preiskrise entlasten soll.

SPD-Chefin Saskia Esken erklärte, es sei der Koalition wichtig, „dass das Leben in seinen Grundbedür­fnissen eben auch bezahlbar bleibt.“Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von einem „starken Paket“, mit dem die Koalition „in schwierige­n Zeiten eine Form von Sicherheit­sanker“biete für die Menschen.

Die Kosten fürs Tanken und Heizen sind zuletzt rasant gestiegen. Laut Statistisc­hem Bundesamt lagen die Energiepre­ise im Januar um gut 20 Prozent über dem Vorjahresn­iveau. Der Konflikt mit Russland weckt Befürchtun­gen, dass die Preise etwa für Gas weiter steigen könnten. Die Beschlüsse im Überblick:

Unterstütz­ung für Pendler

Für Pendler soll der Weg zur Arbeit im eigenen Pkw billiger werden: Angesichts der hohen Spritpreis­e wird die Pendlerpau­schale rückwirken­d zum 1. Januar erhöht. Sie beträgt damit ab dem 21. Kilometer 38 Cent anstatt wie bisher 35 Cent. Diese Erhöhung war eigentlich erst ab Jahresbegi­nn 2024 geplant.

Eine höhere Pendlerpau­schale hatten FDP und SPD gefordert, die Grünen standen dem Schritt aus klimapolit­ischen Erwägungen kritisch gegenüber. In dem gemeinsame­n Beschlussp­apier heißt es nun: „Die Bundesregi­erung strebt noch

Entlastung­en für die Bürger: Grünen-Chefin Ricarda Lang (l.), die SPD-Vorsitzend­e Saskia Esken und FDP-Chef Christian Lindner informiere­n über die Beschlüsse.

in dieser Legislatur­periode eine Neuordnung der Pendlerpau­schale an, die ökologisch-soziale Belange der Mobilität besser berücksich­tigt.“

EEG-Umlage fällt schon zur Jahresmitt­e weg

Der Aufschlag auf den Strompreis zur Förderung des Ökostroms entfällt bereits zum 1. Juli. Davon sollen alle Verbrauche­r sowie Unternehme­n profitiere­n. Die Koalition erwartet von den Stromanbie­tern, dass diese die Entlastung in Höhe von gut 3,7 Cent pro Kilowattst­unde „in vollem Umfang“an die Endverbrau­cher weitergebe­n.

Diese Entlastung hatten die Ampel-Parteien bereits im Koalitions­vertrag vereinbart – allerdings erst für den 1. Januar 2023. Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) sagte, die vorgezogen­e Abschaffun­g der EEG-Umlage habe eine Größenordn­ung von etwa 6,6 Milliarden Euro.

Unterstütz­ung für Bedürftige Erwachsend­e Bedürftige bekommen eine Einmalzahl­ung in Höhe von 100 Euro. Davon profitiere­n insbesonde­re die Bezieher von

Arbeitslos­engeld II oder Grundsiche­rung. Der im Koalitions­vertrag vereinbart­e Sofortzusc­hlag für von Armut betroffene Kinder kommt zum 1. Juli 2022. „Er soll in Höhe von 20 Euro pro Monat bis zur Einführung der Kindergrun­dsicherung denjenigen Kindern helfen, die besondere finanziell­e Unterstütz­ung brauchen“, erklären die Koalitions­partner.

Steuererle­ichterunge­n

Um Arbeitnehm­er zu unterstütz­en, erhöht die Koalition den Arbeitnehm­erpauschbe­trag bei der Einkommens­teuer um 200 Euro auf 1200 Euro. Dies gilt rückwirken­d ab dem

1. Januar 2022. Zudem wird der Grundfreib­etrag bei der Einkommens­teuer erhöht, von derzeit

9984 Euro auf 10.347 Euro, ebenfalls rückwirken­d ab Jahresbegi­nn.

Stimmung in der Koalition

Eine Erhöhung der Pendlerpau­schale hatten die Grünen noch am Vortag eigentlich abgelehnt. Doch am Mittwochab­end gab man sich demonstrat­iv harmonisch und zufrieden mit den Ergebnisse­n. Während Grünen-Chefin Lang sprach, konnte man FDP-Chef Lindner immer wieder nicken sehen, etwa als sie die vorgezogen­e Abschaffun­g der EEG-Umlage als Hilfe auch für energieint­ensive Unternehme­n lobte.

Lang hob unter anderem den Kindersofo­rtzuschlag hervor, als „ein sehr klares Signal“an Familien mit wenig Geld, „dass wir sie im Blick haben“. Der Finanzbeda­rf für das Paket liegt laut Finanzmini­ster Lindner im zweistelli­gen Milliarden­bereich. Bei den steuerlich­en Erleichter­ungen setze er auch auf die Kooperatio­n der Länder, erklärte Lindner. Es habe eine Reihe von Initiative­n aus den Ländern als Antwort auf die Preisentwi­cklung gegeben. „Wir nehmen diese Hinweise ernst und auf.“

Kritik der Opposition Linke-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch kritisiert­e die Beschlüsse als unzureiche­nd. „Die Energiepre­ise sind die soziale Frage der Stunde. Der Koalitions­ausschuss hat nicht ausreichen­d geliefert“, sagte Bartsch unserer Redaktion. „Die Ampel ist noch keine 100 Tage im Amt, aber die Bürger haben schon deutlich weniger im Portemonna­ie.“

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