Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Natalie Nußbaum ist mit ihrer Unterarm-Prothese gut im Geschäft. „Wichtig ist der Glaube an sich selbst“, sagt die 33-Jährige
Berlin.
Ob klein oder groß, skinny oder curvy, 16 oder 68 Jahre alt: Wenn Heidi Klum wieder Topmodels sucht, sollen alle Frauen die gleichen Chancen haben. Doch bestimmte Frauen sind nicht vertreten: Models mit Handicap. Eine, die es längst geschafft hat, ist Natalie Nußbaum, 33 Jahre alt. Sie modelt mit Unterarmprothese.
Im Trainingsanzug der Paralympics-Kollektion stand sie Ende August 2021 in Deutschlandfarben als Newcomer-Model für Adidas vor der Kamera. Natalie Nußbaum, die in Köln als Controllerin arbeitet, ist schon seit ihrem ersten Lebensjahr ihre Unterarmprothese gewöhnt.
Vor ihrer Geburt hat sich die Nabelschnur um ihren Arm gewickelt und sie verlor dadurch den rechten Unterarm. Dank der Prothese habe sie alle Freiheiten, um das zu tun, was sie sich zum Ziel setzt, sagt sie.
Models im Rollstuhl oder mit Prothese waren jahrzehntelang undenkbar. Doch Inklusion kann auch in der Modelwelt gelingen. Schön sein reicht heute oft nicht mehr aus – perfekt ist langweilig. Daher sind neben klassischen Schönheiten auch Menschen mit besonderem Wiedererkennungswert wie Winnie Harlow, deren Haut durch eine Störung weiße, pigmentfreie Stellen aufweist, was zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Ähnlich ist es bei Mario Galla, der mit stark verkürztem rechten Bein geboren wurde und seit seinem dritten Lebensjahr eine Prothese trägt. Beide sind von den Laufstegen der Welt nicht mehr wegzudenken.
Wenn Natalie Nußbaum über ihre Shootings spricht, ist viel von „Spaß“die Rede. Anfangs habe sie nicht genau gewusst, „was genau auf mich zukommt. Ich war gespannt auf das Team und darauf, was von mir erwartet wird.“Aber alle Mitarbeiter seien sehr aufmerksam gewesen, hätten gefragt, ob sie etwas beachten müssen. In ihrem Fall war das nicht so. „Ich habe früh gelernt, selbstständig zu sein. Und wenn mal etwas nicht funktioniert, frage ich gerne nach Hilfe. Sie haben mir beim Shooting Tipps gegeben und ich habe mich wirklich sehr gut aufgehoben gefühlt.“
Sich selbst im Online-Shop zu sehen, war noch einmal eine ganz neue Erfahrung. „Mein erster Gedanke war: ‚Okay, krass.‘
Und so haben auch meine Familie und Freunde reagiert.“Besonders die Darstellung hat ihr gefallen: „Ich fand es super, dass wir – wie jedes andere Model auch – im Shop zu finden waren, ohne großes Tamtam.“
Im Modeln sieht Natalie eine weitere Möglichkeit zu zeigen, dass man als Mensch mit einer Prothese genauso seine Ziele erreichen kann wie alle anderen Menschen auch. „Wichtig ist der Glaube an sich selbst und dass man es schaffen möchte. Es lohnt sich, ab und zu ins kalte Wasser zu springen.“
Sie freue sich, wenn sie Menschen inspirieren, motivieren oder dazu beitragen kann, dass die Berührungsängste mit dem Thema und zwischen den Menschen weniger werden. „Ich wünsche mir, dass wir schon kleinen Kindern beibringen, dass unsere Gesellschaft kunterbunt und alles normal ist – damit sie lernen, offen und neugierig zu sein. Persönlich glaube ich, dass aktuell ein Prozess hin zu mehr Offenheit im Gange ist. Ich wünsche mir, dass der Begriff ‚Schönheit‘ vielfältig ist.“
Dass Models mit Handicap so gefragt sind wie nie, bestätigt Giuseppe Gennaro von der Kölner Modelagentur Fameonme Casting, bei der auch Natalie in der Kartei zu finden ist. „Wir haben fast jeden Tag Handicap-Anfragen“, so der Inhaber der Agentur, die Models in Deutschland, Österreich und der Schweiz vermittelt. Oft für Produktwerbung von Großunternehmen wie Coca-Cola oder Zalando. Eine konkrete Branche, in der die Chancen für sie besonders gut stehen, gebe es aber nicht: „Das liegt schlichtweg an der jeweiligen Unternehmensphilosophie.“
Hamburg.
In der Corona-Krise sind die Bürger in Deutschland laut einer Umfrage mehrheitlich zurückhaltender in ihrem Konsumverhalten geworden. 60 Prozent der Befragten sagten in einer neuen Studie des Opaschowski-Instituts für Zukunftsforschung, ihre Lebenseinstellung habe sich nachhaltig verändert. Sie stimmten der Aussage zu: „Beim Konsumieren und Geldausgeben bin ich maßvoller und bescheidener geworden und vermisse nichts.“Bei einer ähnlichen Befragung im Juli 2020 hatten sich 57 Prozent so geäußert. Ein Teil der Bevölkerung werde durch steigende Preise zum Sparen gezwungen, erklärte der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski. Aber es gebe eine zweite Bevölkerungsgruppe, die freiwillig und bewusst bescheidener beim Konsumieren sein wolle. „Quer durch alle Sozial- und Altersgruppen erweist sich das veränderte Konsumverhalten als ein sich stabilisierender Trend.“
Es seien jedoch mehr Frauen (65 Prozent) als Männer (56 Prozent), die nach eigenem Bekunden Maß halten.