Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Reißleine gezogen
Bodo Ramelow hat die Reißleine gezogen. Der Streit um den 1000-Meter-Abstand von Windrädern zu Wohnhäusern bescherte Thüringen bundesweite Schlagzeilen. Das ärgerte ihn nicht nur als Regierungschef, sondern kratzte auch an seiner Reputation als Bundesratspräsident. Zumal sich die Fraktion des Linke-Politikers eine ganze Zeit lang mit der CDU einig schien.
Doch irgendwann lief etwas aus dem Ruder. Und Ramelow, der auch Abgeordneter ist, ließ es zunächst und zu lange laufen. Schließlich war der öffentliche Aufschrei da.
Weil Linke, SPD und Grüne mit einem Mal geschlossen gegen die Abstandsflächen der Union wetterten, lief es darauf hinaus, dass AfD und FDP die entscheidenden Stimmen beisteuern würden.
Das indes ließ schlimmste Erinnerungen an die Wahl des liberalen Kurzzeitministerpräsidenten Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, AfD und FDP aufkommen.
Zudem stieß Ramelow bitter auf, dass auch noch das von seinem Parteifreund und Bildungsminister Helmut Holter wieder eingeführte Schulgeld für Auszubildende an freien Gesundheitsfachschulen eine weitere Steilvorlage für ausufernde Kritik lieferte.
Deshalb besann sich der Ministerpräsident auf seine alte Tugend: Er informierte weder seine Koalitionäre noch sein Kabinett und verhandelte mit Fraktionschef Mario Voigt in Eigenregie. Dass Ramelow mit seinen Zugeständnissen an die größte Oppositionskraft rot-rot-grüne Abgeordnete vor den Kopf stieß, seinen Bildungsminister vorführte und die SPD-Finanzministerin Heike Taubert überging, nahm er billigend in Kauf. So viel CDU war wohl selten in einem linken Regenten.