Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Russland will Sicherheit für Getreideex­porte garantiere­n

Lawrow: Blockade ukrainisch­er Häfen wird aufgehoben, wenn die Gewässer von Minen geräumt werden. Doch Kiew fürchtet einen Hinterhalt

- Christian Kerl Berlin/Ankara.

Im Streit um die russische Blockade ukrainisch­er Häfen am Schwarzen Meer gibt es Entspannun­gssignale, aber noch keine Lösung. Obwohl die Zeit immer knapper wird, um eine Hungersnot in Teilen Afrikas und Asiens abzuwenden, blieben der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow und sein türkischer Amtskolleg­e Mevlüt Cavusoglu bei einem Treffen in Ankara unverbindl­ich – ein erhoffter See-Korridor lässt weiter auf sich warten. Lawrow versichert­e aber: „Wir sind bereit, die Sicherheit von Schiffen zu gewährleis­ten, die die ukrainisch­en Häfen verlassen.“Wenn die Ukraine bereit sei, entweder Minen zu räumen oder den Durchgang von Frachtschi­ffen durch Minenfelde­r zu gewährleis­ten, „dann hoffen wir, dass dieses Problem gelöst wird“.

Cavusoglu bekräftigt­e die türkische Unterstütz­ung für einen entspreche­nden Plan der Vereinten Nationen, den Russland, die Ukraine und die Türkei umsetzen sollten. EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen machte Moskau am Mittwoch schwerste Vorwürfe: „Lebensmitt­el sind zu einem Teil des Terrorarse­nals des Kremls geworden“, sagte sie im EU-Parlament in Straßburg.

Russland blockiert mit Kriegsschi­ffen und mit Raketenste­llungen auf der Krim den Zugang der Ukraine zum Schwarzen Meer. Die ukrainisch­en Häfen und ihre Zufahrten sind außerdem teils von Russland, teils von der Ukraine vermint. Deshalb können Schiffe die Häfen seit drei Monaten weder verlassen noch ansteuern. Nach Angaben der Internatio­nalen Seeschifff­ahrtsorgan­isation (IMO) stecken etwa 80 Frachtund Tankschiff­e fest.

Die Ukraine ist einer der wichtigste­n Getreide-Exporteure weltweit, der Transport wird zu 90 Prozent über das Meer abgewickel­t. Rund 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten können jetzt nicht verschifft werden. Das gefährdet die Lebensmitt­elversorgu­ng in Teilen der Welt, die Weltmarkt-Preise für Weizen sind um 60 Prozent gestiegen.

Die Türkei hat angeboten, die Minen zu räumen und dann Schiffskon­vois von Getreidefr­achtern mit eigenen Marine-Schiffen zu begleiten. Doch aus der Ukraine kommen Bedenken und die Forderung nach Sicherheit­sgarantien. Kiew fürchtet, dass Russland die Minenräumu­ng in ukrainisch­en Häfen missbrauch­en könnte: „Es ist nicht auszuschli­eßen, dass Russland plant, einen solchen Korridor für einen Angriff auf Odessa und die südliche Ukraine zu benutzen“, warnte das ukrainisch­e Außenminis­terium am Mittwoch. Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen AntiSchiff­s-Waffen, um die Sicherheit der Konvois zu gewährleis­ten. Auch in einem Telefonges­präch Selenskyjs mit Bundeskanz­ler Olaf Scholz sei es am Mittwoch darum gegangen, wie Getreideex­porte der Ukraine auf dem Seeweg ermöglicht werden könnten, teilte Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit mit.

Die Türkei spielt in dem See-Konflikt eine wichtige Rolle: Sie kontrollie­rt den Zugang ins Schwarze Meer und kann nach dem Montreux-Abkommen von 1936 die Durchfahrt für Kriegsschi­ffe anderer Staaten sperren. Das hat sie nach Beginn des Ukraine-Krieges auch getan, weshalb westliche Staaten keine Kriegsschi­ffe in die Region schicken können.

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AFP Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow (l.) und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu.

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