Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Oettinger schließt Brauerei in Gotha
Mehr als 200 Arbeitsplätze bedroht. Gewerkschaft und Betriebsrat wollen Pläne prüfen
Die Oettinger Brauerei will zum Jahresende ihren Standort Gotha schließen. Die Stellen in Produktion und Logistik würden komplett abgebaut, teilte das bayerische Unternehmen am Mittwoch mit.
Mit Empörung reagierte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätte (NGG) auf die Schließungspläne. Die rund 230 Beschäftigten wurden von der Geschäftsführung auf einer Betriebsversammlung informiert. Zum Wegfall ihrer Arbeitsplätze wollten sie sich beim Verlassen des Firmengeländes danach nicht äußern.
Als Gründe für die Entscheidung nennt die Unternehmensführung den seit Jahren rückläufigen Bierabsatz. Oettinger stelle sich so für die Zukunft neu auf, heißt es in einer Erklärung. Teile der Produktionskapazitäten und -anlagen würden auf die drei anderen Brauerei-Standorte der Unternehmensgruppe in Deutschland verlagert. „Wir sind davon überzeugt, dass wir eine erfolgreiche Zukunft unseres Unternehmens nur dann gestalten können, wenn wir uns jetzt gemeinsam auf unsere Stärken konzentrieren“, erklärte Brauerei-Chefin Pia Kollmar.
Jens Löbel, Geschäftsführer der NGG Region Thüringen, zeigte sich dagegen überrascht von der Ankündigung. Er warf der Geschäftsführung vor, „Managementfehler der letzten Jahre mit noch größeren Fehlern“ausbügeln zu wollen. Leidtragende seien die Beschäftigten und ihre Familien.
Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) reagierte mit Unverständnis. „Ich finde das skandalös“, sagte er in Erfurt. Nicht nachvollziehbar ist die Brauereischließung
für Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). „Friss, Vogel, oder stirb ist nicht nur schlechter Stil, sondern im Blick auf Produktivität und Engagement der Beschäftigten unangemessen.“
Die Gewerkschaft kritisiert, dass in Gotha der einzige Standort der Oettinger-Brauerei in Ostdeutschland geschlossen werde. Jens Löbel kündigte an, dass die NGG gemeinsam mit dem Betriebsrat die Pläne zeitnah begutachten wolle, um einen Gegenentwurf vorzulegen.
„Die flächendeckende Aufgabe der Mehrwegproduktion bei Oettinger ist weder ökologisch nachhaltig noch zukunftsfest“, kritisierte er den geplanten Wegfall der Flaschenproduktion auch an anderen Standorten. Neben Oettingen und Gotha produziert die Brauerei auch in Mönchengladbach (NordrheinWestfalen) und Braunschweig (Niedersachsen). Noch im vorigen Jahr hatte Oettinger nach eigenen Angaben in den Standort Gotha 2,5 Millionen Euro investiert. 1,4 Millionen Hektoliter haben die Brauerei 2021 verlassen, 40 Prozent davon waren Pils-Biere, 20 Prozent Export-Biere, weitere 20 Prozent Weizen-Biere und 20 Prozent Bier-Mixgetränke. Im Vorjahr feierte Oettinger sein 30-jähriges Engagement in die Brauerei Gotha.