Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Mehr Haus- und Fachärzte in Thüringen
Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereinigung: Nur vergleichsweise wenige Stellen sind derzeit im Freistaat nicht besetzt
Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KV) beklagt die ausbleibende Wertschätzung für die Arbeit, die die Beschäftigten in den Thüringer Arztpraxen in der Corona-Pandemie geleistet haben. Dass das ambulante System mit insgesamt 1,4 Millionen Corona-Behandlungen (Stand: Ende 2021) allein in Thüringen eine Art „Schutzwall vor den Krankenhäusern“aufgebaut habe, sei auch dem Einsatz der Medizinischen Fachangestellten zu verdanken.
„Die Pfleger in den Kliniken haben völlig zu Recht einen Bonus erhalten“, sagte KV-Vorstandsvorsitzende Annette Rommel bei der Vorstellung des KV-Versorgungsberichts 2022. Dass es aber einen solchen für die Mitarbeiter der Praxen nicht gebe, „ist wie ein tiefer Stachel“. Die Politik habe damit die Chance verpasst, einen Berufsstand zu würdigen, in dem schon jetzt Fachkräftemangel herrsche.
Rommel erinnerte nicht nur daran, dass die KV Thüringen als Einzige bundesweit „den vollen Auftrag zur Durchführung der Impfungen in Thüringen bekommen“hatte und diesen mit Impfstellen und -zentren, mobilen Impfteams und seit Ostern 2021 auch mit den Impfungen in den Vertragsarztpraxen erfüllte. Sie erinnerte auch daran, dass die VerDass
Annette Rommel, Allgemeinmedizinerin und Chefin der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen
tragsärzte parallel die normale ambulante Versorgung stemmen mussten. In den ersten Wochen der Pandemie seien aus Angst vor Infektion zwar weniger Patienten in die Praxen gekommen. Doch schon im zweiten Quartal 2020 habe die Zahl der Behandlungen wieder deutlich zugenommen, zumal besonders viele Thüringer chronisch krank sind.
es in Thüringen derzeit nur 52 unbesetzte Hausarzt-Stellen gibt – rund 220 weniger als 2012 – und sich mit Ausnahme der Augenärzte auch bei den Fachärzten nur kleine Lücken auftun, führt Rommel ebenso auf ein ganzes Maßnahme-Bündel zur Förderung des ärztlichen Nachwuchses zurück wie die Verjüngung der Ärzteschaft: Mehr als jeder zehnte Thüringer Vertragsarzt oder Psychotherapeut (11 Prozent) ist jünger als 40 Jahre, im Bundesdurchschnitt sind es nur 8,8 Prozent. Der Altersdurchschnitt der Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten liegt bei 52 Jahren, 2012 waren es 55 Jahre. „Es stimmt auch nicht, dass keiner mehr aufs
Land will“, so Rommel. Wenn Ärzte gute Bedingungen vorfänden, gingen sie auch in ländliche Regionen. „Da bewegen wir uns in Thüringen gegen den bundesweiten Trend.“
Zu den Maßnahmen gehörten die Praxen der Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung, die sich als Niederlassungsfahrschule verstehen: Ärzte werden zunächst angestellt und übernehmen – wenn alles gut läuft – danach die Praxis.
Seit 2013 hat sich die Zahl der Thüringer Hausärzte um 40 auf 1689 erhöht, die der Fachärzte um 541 auf 2228. Am größten war der Zuwachs bei den Psychotherapeuten (2013: 294, 2021: 516).