Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Hörselberg-Hainich übt notgedrungen den Salto rückwärts
Gemeinderat nimmt Beschluss zurück: Es wird kein Feuerwehrhaus in Wenigenlupnitz gebaut
Was sich am Dienstag in der Ratssitzung von HörselbergHainich in Behringen abspielte, nannte Ratsmitglied Alexander Heinz „Kindergarten, große Gruppe“. Damit stand der Jurist allerdings so gut wie alleine da. Den Rückwärtssalto beim erst vier Wochen zuvor beschlossenen Bau eines Multifunktionsgebäudes in Wenigenlupnitz – als Feuerwehrgerätehaus – trägt die Mehrheit des Gemeinderates schweren Herzens mit. Der Weg zu dieser Korrektur war beschwerlich für alle, teils dramatisch in der Debatte.
Mit 11:3 Stimmen zog der Rat den Beschluss für diese Investition zurück und entschied parallel, auch den Fördergeldantrag beim Land zu kassieren und zwei mit demselben Projekt verbundene Beschlüsse zu Immobilienverkäufen zu widerrufen. Grund: Die Baukosten für das Gebäude laufen aus dem Ruder, mehr Fördergeld ist derzeit aber nicht in Aussicht und damit am Ende
sogar die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der klammen Gemeinde insgesamt in Gefahr.
Im nächsten Jahr will die Gemeinde einen neuen Förderantrag stellen, um der Feuerwehr Wenigenlupnitz ein taugliches Gerätehaus zu schaffen, und bis dahin Einsparpotenziale ausloten. Beigeordneter Michael Thomas warnte jedoch vor übermäßiger Erwartung. Das könne klappen, müsse es aber nicht.
Guter Rat aber ist jetzt schon gefragt, denn die Zukunft einer der stärksten Feuerwehren der Gemeinde steht auf dem Spiel. Jetzt, wo das Kartenhaus eingestürzt ist, sinniert die Verwaltung über Alternativen, zum Beispiel eine Containerlösung. Die seit Jahren in einem Hilfsgerätehaus unterversorgten wie emsigen Kameraden in Wenigenlupnitz erwarten keine Wunder, aber eine Perspektive.
Planer halten Mehrausgaben von 600.000 Euro für denkbar
Rückblick: Kurz nach der Sitzung des Rates am 10. Mai mit der Entscheidung für den Bau hatten Planer eine aktualisierte Kalkulation für das Projekt vorgelegt. Resultat: 23 Prozent Kostensteigerung, dazu die Empfehlung von weiteren 20 Prozent als Puffer. Statt einer Million Euro stünden damit 1,6 Millionen Euro Gesamtkosten im Raum. Für Hörselberg-Hainich ist das nicht bezahlbar. Der Eigenanteil stiege von 300.000 Euro auf 750.000 im besten und einer Million
Euro im schlechtesten Fall. Zudem sei es utopisch, in so kurzer Zeit hunderttausende Euro verbauen zu können, sagt Fachfrau Cathleen Schott, eine Architektin im Gemeinderat. Hörselberg-Hainich hat erst seit wenigen Wochen einen Haushalt.
Dass Marko Schall, Wehrführer in Wenigenlupnitz, und seine Kameraden mit Enttäuschung und Wut reagieren, ist für Bürgermeister Christian Blum (parteilos) verständlich. Aber weder er noch die Verwaltung hätten diese Situation zu verantworten. Als Schall dem Bürgermeister am Dienstag einen Brandbrief verlas und ihm darin Untätigkeit vorwarf, wehrte Blum ab. Dass es bei der Kommunikation Mängel gab und gibt, räumte er ein.
Vielen Gemeinderatsmitgliedern und reichlich Gästen stand die Ratlosigkeit nach einer langen Debatte ins Gesicht geschrieben. Cathleen Schott warnte, Firmen könnten nach Ausschreibung ohne Zieleinlauf sogar auf Schadensersatz klagen. Also: keine Experimente.
Das Mindeste wäre es gewesen, seitens der Verwaltung das Gespräch mit den Kameraden zu suchen. Was wird denn nun aus uns? Marko Schall, Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Wenigenlupnitz, die seit zwei Jahren in einem Provisorium agiert