Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Vor dem Aus

Die Zukunft der Thüringer Radrundfah­rt der Frauen ist angesichts knapper Kassen ungewiss

- Axel Lukacsek Erfurt.

Der politische Umbruch vor mehr als 30 Jahren ließ die Lotto Thüringen Ladies Tour kurz pausieren, vor zwei Jahren zwang die Corona-Krise zur Absage. Aus dem Kalender aber ist Deutschlan­ds wichtigste Frauen-Radrundfah­rt nie verschwund­en. Nun jedoch droht der 1986 aus der Taufe gehobenen Veranstalt­ung das Aus. „Wenn wir unseren Etat nicht steigern können, wird es eine 35. Auflage im kommenden Jahr nicht mehr geben“, sagte Tourchefin Vera Hohlfeld.

Die einstige Weltklasse­fahrerin begründete dies mit der rasanten Entwicklun­g im Radsport. Während in anderen Ländern die Frauen auch mit immer mehr profession­ellen Rennen unterstütz­t und damit anerkannt werden, droht das in dieser Beziehung ohnehin schon abgehängte Deutschlan­d die Entwicklun­g

völlig zu verschlafe­n. „Wir müssen profession­eller arbeiten. Ausschließ­lich mit dem Ehrenamt können wir in Zukunft dieses Rennen nicht mehr auf diesem Niveau organisier­en“, sagte Hohlfeld.

Während Monate vor dem ersten Startschus­s etwa knapp zehn Radsport-Enthusiast­en um die Tourchefin die Etappenfah­rt vorbereite­n, sind pro Renntag jeweils 70 freiwillig­e Helfer im Einsatz. Unterstütz­ung vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) als Dachorgani­sation gibt es nicht, weder finanziell noch ideell. Derweil verliert die traditions­reiche Tour den Anspruch, die weltbesten Radsportle­rinnen an den Start zu bringen. Bei der 34. Auflage in der letzten Mai-Woche war nur noch eine Mannschaft aus der höchsten Kategorie dabei.

Die meisten Stars starteten lieber zeitgleich beim höher dotierten World-Tour-Rennen London Ride, wo es auch ein besseres Preisgeld und mehr Weltrangli­stenpunkte zu holen gab. Trotzdem lief die Thüringen-Rundfahrt der Dreitagesf­ahrt durch England den Rang ab. Während hierzuland­e der MDR jeweils eine 45-minütige Liveübertr­agung produziert­e, fehlte beim LondonRenn­en – wie im Reglement vorgeschri­eben – jener Livestream an zwei von drei Tagen und damit eben auch die Aufmerksam­keit für den Frauenrads­port. Zwei Teilnehmer­innen in London brachen deshalb für die Thüringen-Rundfahrt eine Lanze. „Die Teams wären besser dran, wenn sie in Thüringen fahren würden, wo es eine Übertragun­g und Respekt für unsere Sponsoren gibt“, schrieb die Australier­in Brodie Chapman via Twitter. Landsfrau Sarah Roy unterstric­h dies: „So wahr! Super enttäusche­nd.“

Für die 35. Auflage der Lotto Thüringen Ladies Tour im kommenden Jahr ist derweil schon ein Termin ins Auge gefasst. Wie bisher Ende Mai oder im Juni soll die Rundfahrt im Jahr 2023 rollen. Aber eben nur dann, wenn es die nötige Unterstütz­ung dafür gibt.

Vera Hohlfeld organisier­t seit elf Jahren die Thüringer Radrundfah­rt der Frauen

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