Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Ich habe es satt“

Steve Kerr hat eine klare Haltung zu den Waffengese­tzen. Der NBA-Trainer der Golden State Warriors wird für seine eloquente und weltoffene Art geschätzt

- Maximilian Haupt San Francisco.

Als Steve Kerr vor zwei Wochen auf den Tisch schlug und seinen Frust und seine Trauer über die jüngsten Schießerei­en und die laschen US-Waffengese­tze zeigte, kam das aus tiefstem Herzen.

Der Basketball-Trainer der Golden State Warriors, die in den NBAFinals derzeit gegen die Boston Celtics um die vierte Meistersch­aft in Kerrs Amtszeit spielen, ist seit Jahren ein leidenscha­ftlicher Kämpfer für einen strengeren Umgang mit Schusswaff­en – auch, weil sein Vater einst bei einem Attentat ums Leben kam. Da war Kerr gerade 18 Jahre alt und ging ans College.

„Wann werden wir etwas tun?“, schrie Kerr bei jener Pressekonf­erenz vor einem Play-off-Spiel gegen die Dallas Mavericks, in der er am Ende seiner emotionale­n Rede aufstand und ging. „Ich habe es satt, ich habe genug!“Anlass war das Schulmassa­ker im texanische­n Uvalde, wo ein 18-Jähriger 19 Kinder und zwei Erwachsene erschossen hatte. Vor und nach dem zweiten Spiel in den Finals gegen die Celtics gab Kerr seine Interviews dann gekleidet in ein orangefarb­enes T-Shirt mit der Aufschrift „End Gun Violence“(Waffengewa­lt beenden).

Wenn Kerr spricht, hören die Leute zu – Fans und NBA-Stars wie Stephen Curry gleicherma­ßen. Der dreimalige Familienva­ter ist intelligen­t, hat ein hohes Maß an Menschenke­nntnis und nach 15 Jahren als Spieler in der NBA und inzwischen acht Jahren als Trainer einen enormen Erfahrungs­schatz.

Als Profi war er Teil jener Chicago Bulls um Michael Jordan, die in den 1990er Jahren das Maß der Dinge waren. Kerr stand als Profi in mehr als 900 Spielen auf dem Feld und holte als Rollenspie­ler fünf Meistersch­aften. Dazu kommen die drei Titel als Trainer der Warriors. Lange war er Co-Trainer der US-Nationalma­nnschaft bei Olympische­n Spielen und dort in ungewohnte­n Rolle – nicht als Chef, sondern als Zuarbeiter für seinen Förderers Gregg

Popovich. Bei den Spielen in Paris 2024 ist er selbst Cheftraine­r.

Weil seine Eltern zu der Zeit als Lehrende im Libanon arbeiteten, wurde Kerr in Beirut geboren und verbrachte die ersten Jahre seines Lebens in dieser Region der Welt, die sich so unterschei­det von Kalifornie­n, wo er zur High School ging. Die Erfahrunge­n haben seinen Horizont früh erweitert und sein Verständni­s für Menschen unterschie­dlicher Herkunft und Glaubens begründet. Leute, die mit Kerr zu tun haben, schätzen neben dieser Weltgewand­theit und seinem Intellekt auch seinen Sinn für Humor. „Meine Eltern haben mich gelehrt, Menschen zu verstehen, verständni­sund respektvol­l zu sein. Sie haben mir beigebrach­t, dass Menschen anders sprechen, sich anders kleiden oder Gewohnheit­en haben, die mir fremd sind. Und, dass es wichtig war, all diese Unterschie­de nicht nur zu verstehen, sondern sie anzunehmen“, erzählte er vor Jahren.

Und sagte dann: „Das war sehr nützlich, als Jahre später Dennis Rodman mein Teamkolleg­e bei den Chicago Bulls wurde.“Rodman mit seinem Temperamen­t, Tattoos, Frisuren und der unkonventi­onellen Art ist einer der extravagan­testen Spieler in der Geschichte der NBA. Kerr wirkte daneben unscheinba­r, großen Respekt hatte er sich auch damals schon erarbeitet. dpa

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SCOTT STRAZZANTE / DPA Golden-State-Trainer Steve Kerr.

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