Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Thüringer Exportquote stabil
Helaba-Chefvolkswirtin sieht hohen Industrieanteil an der Wirtschaft als Standortvorteil für den Freistaat
Thüringens Wirtschaft ist vergleichsweise gut durch die zurückliegenden Krisenjahre gekommen. Zu dieser Einschätzung kommen die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in einer neuen Analyse.
„Die Exportquote Thüringens ist bislang stabil“, sagte die Chefvolkswirtin der Helaba, Gertrud Traud, anlässlich des Kongresses Erwicon in Erfurt. Sie sieht im hohen Industrieanteil an der Wirtschaft im Freistaat einen Standortvorteil.
„Die Industrie spielt in vielen Regionen des Landes eine große Rolle und weist einen Branchenmix auf, der bei der Digitalisierung einen Beitrag leiten kann“, so Traud.
Das gewinne angesichts von Arbeitslosenquoten nahe der Vollbeschäftigung in vielen Regionen und einem sich demografisch verschärfenden Fachkräftemangels an Bedeutung. In der Industrie seien Jobs durch Roboter ersetzbar, im Dienstleistungssektor – etwa im Hotel-, Gastgewerbe und im Tourismus eher nicht.
Außer für Erfurt und Jena weisen die Bevölkerungsprognosen vieler
Thüringer Städte bis 2040 zum Teil erhebliche Rückgänge aus. Mehr als ein Viertel der Beschäftigten werde binnen zehn Jahren in Rente gehen „Wir müssen verstärkt auf die Zuwanderung
setzen und das Land attraktiver machen für ausländische Fachkräfte“, mahnte Traud an.
Die Corona-Pandemie habe den schon seit einem Jahrzehnt laufenden Trend zur Verlagerung des Handels ins Internet noch zusätzlich beschleunigt, räumte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) ein. Darauf müsse man schnell reagieren und die Innenstädte attraktiver machen, forderte Bausewein. „Wir müssen Handel, Gastronomie, Arbeit und Wohnen in der Stadt wieder gemeinsam denken“, so Bausewein.
Als spannendes Thema bezeichnete Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Ansatz des Erfurter Kongresses Wirtschaft und Stadtentwicklung als Verbindung zu betrachten.
„Es ist viel von der Transformation der Wirtschaft die Rede, es geht aber auch um die Transformation unserer Lebensräume“, betonte Tiefensee.
Digitalisierung, Klimawandel sowie Dekarbonisierung und Fachkräftemangel würden die Lebensräume der Menschen verändern. Man dürfe sich nicht an blinde Schaufenster oder gar an leere Einkaufsstraßen gewöhnen. Er unterstütze daher grundsätzlich die Initiative der Erfurter Industrie- und Handelskammer die Akteure zum Thema Zukunft der Innenstädte zusammenzubringen. „Wir müssen Events organisieren und Initiativen wie Heimat shoppen noch stärker ins Bewusstsein der Menschen holen“, verlangte Tiefensee.