Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
„Ich habe noch nie erlebt, dass so viele Menschen so schnell lernen“
Eisenacher Schauspieler und Tänzer sind ab Juli im Musical „Cabaret“zu erleben. Singend!
„Seit frühester Kindheit bin ich ein Fan dieses Films, der mich schon damals sehr berührt hat“, begründet die Eisenacher Schauspielleiterin Jule Kracht, warum sie das US-amerikanische FilmMusical „Cabaret“von 1972, in dem neben Liza Minnelli auch der deutsche Schauspieler Fritz Wepper mitwirkt, jetzt auf die Bühne des Eisenacher Landestheaters bringt. Gäste der Vorstellungen dürfen sich auf ein Kammermusical mit Schauspielszenen freuen, das atmosphärisch sehr dicht am Film liegt.
Zwei Pianisten liefern sich einen virtuosen Wettstreit
Jule Kracht gewinnt für die Choreographie Luches Huddleston Jr. vom Nationaltheater Mannheim. „Er spricht mit seinen Choreographien die gleiche Sprache und versteht meinen Schauspielanspruch sehr gut“, freut sich die Regisseurin auf die Zusammenarbeit.
Obwohl noch sehr viele Proben bis zur Premiere am 8. Juli anstehen, beweist das Ensemble des Jungen Schauspiels und die Eisenacher Ballettcompagnie bereits zu Beginn der Probenarbeit, dass ein großes Theater- und Musikerlebnis auf die
Zuschauer warten könnte. Auch wenn kein großes Orchester aufspielt, ist Livemusik höchster Ansprüche garantiert. Die Pianisten Eva Gerlach-Kling und Stefan Kling, in deren Händen die musikalische Leitung liegt, liefern sich an den Tasten einen virtuosen Wettstreit. Stefan Kling arrangiert speziell für die Aufführung am Landestheater Eisenach eine Version der Welthits dieses politischen Musicals für zwei Klaviere.
„Ich habe noch nie erlebt, dass so viele Menschen so schnell lernen“, ist Eva Gerlach-Kling hingerissen von den Schauspielern und Tänzern,
von denen zuvor nur die allerwenigsten überhaupt im Schulchor gesungen haben. Schon nach wenigen Proben ist die Kirchenmusikerin und Chorleiterin überrascht, mit welch fehlerfreier Vielstimmigkeit die Laiensänger aufwarten. „Euch als Chor – das wäre der Hammer“, schließt Eva Gerlach-Kling am Mittwochabend völlig ausgepowert die Musikprobe im Ballettsaal am Theaterplatz. Sie vermutet, dass sich bei Menschen, die nach Musik tanzen, sich Synapsen fürs Singen viel schneller schließen. Begeistert ist sie vom jungen brasilianischen Tänzer Joadson C. Sousa, der zwar noch nie zuvor gesungen hat, aber alle Anlagen für einen Countertenor besitze. „Gleichzeitig singen, tanzen und schauspielern – das verlangt hohe körperliche Fitness“, zollt Schauspieler Ole Riebesell beteiligten Kollegen und Tänzern hohe Anerkennung.
Nur in der Nachtbar scheint die Welt noch in Ordnung
„Ich hatte immer das Gefühl, dass Musical keine gesellschaftspolitischen Probleme transportieren, aber das ist in ‘Cabaret’ ganz anders“, fährt Riebesell fort, der als Conférencier durch die Handlung führt. Im „Kit Kat Club“versucht man mit schrillen Showeinlagen zu verdrängen, was sich auf politischer Ebene in Deutschland anbahnt. Die dekadente Welt ist in der verruchtverrauchten Nachtbar noch in Ordnung, während in den Berliner Straßen schon die Märsche der neuen Machthaber ertönen. Parallelen der damaligen Zeit erkennt Jule Kracht auch heute: „Viele gesellschaftspolitischen Probleme werden auch heute verdrängt.“
Premiere ist am 8. Juli, 19.30 Uhr, die zweite Vorstellung am 10. Juli, 15 Uhr. In der nächsten Spielzeit wird „Cabaret“ebenfalls gezeigt.