Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Brennende Beine
Wenn es schwer wird, dreht Charles Franzke auf. Beim Gettingtough ist er in seinem Element
Die Beine werden am Samstag brennen. Spätestens dann, wenn es im Laufschritt die Bobbahn oder die Treppen an der Oberhofer Sprungschanze hinaufgeht. Die Füße zur Schonung deshalb hochzulegen, daran denkt Charles Franzke jedoch nicht. Zuviel hat der Rudolstädter auch vor.
Intervall-Rennen, acht mal tausend Meter, hat sein US-amerikanischer Trainer ihm für den Donnerstag aufgetragen. Kein Vergnügen. Selbst für den Rudolstädter ExtremHindernisläufer nicht, der solcherart Grundlagen-Einheiten gewohnt ist. Er arbeitete es ab. So, wie er die Dreiviertelstunde Dahinrollen auf dem Rad im Anschluss zur Lockerung genoss. „Mein Körper kennt das schon“, sagte der 29-Jährige kurz vor der oft absolvierten Vorbelastung und wusste dennoch, dass sie diesmal Epilog einer nicht alltäglichen Herausforderung wird.
In Kulmbach will er in acht Tagen punkten, um den schon dreimal gewonnenen Gesamttitel bei der sogenannten Spartan-Race-Serie nach zwei Jahren coronabedingter Unterbrechung verteidigen zu können. Deswegen hat der 29-Jährige bis diese Woche gezögert, ob er das Heimspiel in Oberhof vorher noch wagen sollte. Doch er wollte, und er will – am liebsten weit nach vorn.
Erster 2020, Zweiter 2021. Geht es nach Charles Franzke, soll es bei der dritten Auflage des Oberhofer Gettingtough mindestens aufs Podium gehen. „Aber das wird schwierig“, weiß er nach zig Rennen, die den Körper so sehr fordern. Und die vor allem Unerwartetes beinhalten. Es kommt auf die Tagesform an – und auf die Konkurrenz.
Die „Pappenheimer“, die wie er Spezialisten auf dem Gebiet des Extrem-Hindernislaufes sind, die kennt der Thüringer freilich. „Plus x“, nennt er den einen Unbekannten, der stets darunter ist, um alle anderen überraschen zu können.
Breit jedenfalls ist die Auswahl an möglichen Kandidaten. Nach dem Meldeschluss am Mittwoch erwarten die Macher des dritten Gettingtough in Oberhof rund 900 Teilnehmer. Gut 300 Hindernisläufer wollen die Kurzstrecke (9 km) angehen. Das Gros (551) stellt sich dem 17 Kilometer langen Kurs – gespickt mit etlichen Hindernissen.
Dass die Szene enorm wächst, die sich für die Crossrennen über Hindernisse von Kriechen bis Hangeln begeistert, freut Franzke. Seit zehn Jahren betreibt er den so facettenreichen Sport erfolgreich. Dass der Druck dadurch von unten kommt, zwingt ihn, sich selbst immer weiter verbessern zu müssen.
In Oberhof weiß Franzke zumindest zum Teil, was auf ihn zukommt. Der Unternehmer, Personal Trainer und Sportler besitzt mit einem Mietpark eine kleine Auswahl an Hindernissen. Am Mittwoch begann er damit, ein paar davon in Oberhof mit aufzubauen. Der Rest ist wie so oft: ein bisschen Wundertüte.
Gerade das aber mache den Reiz aus, diese Vielseitigkeit, die die Läufer am Samstag an ihre Grenzen bringt. „Die Strecke bietet alles“, ist sich Franzke aus der Erfahrung der letzten beiden Jahre sicher, seit das große Gettingtough-Rennen vor der Haustür in Rudolstadt einen Bruder in Oberhof bekommen hat.
Als einstiger Biathlet am Sportgymnasium kennt Franzke die Gegend ohnehin ausgezeichnet. Bobbahn, Skihalle, Biathlon-Stadion und die Schanzen – alles ist in den Parcours einbezogen und lässt am Samstag in den verschiedenen Wellen eine frostig heiße Jagd erwarten.
Respekt bringt der Mitfavorit aus Thüringen mit. Bammel hat er aber wenn, dann nur vor dem warmen Wetter. „Sonne vertrage ich nicht ganz so gut“, sagt der Winterfan. Es deswegen ruhig angehen zu lassen ist für Charles Franzke aber keine Option. Wenn er teilnimmt, gibt’s nur eines: „volle Kanne“.
Zeitplan, Samstag, Start/Ziel auf dem Stadtplatz, Long Track (17 km): 10 Uhr (Elite Frauen und Männer, danach 10 Wellen-Starts bis 12.40 Uhr; Short Track (9 km): 15 Uhr (Elite Männer und Frauen, dann 5 Wellen-Starts bis 16.20 Uhr).