Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Bio in der Brotdose

Der Verein Thüringer Ökoherz fordert mehr Verantwort­ung und Verbindlic­hkeit in der Schul- und Kitaverpfl­egung

-

Vollkornbr­ot mit Frischkäse, dazu etwas Gurke und Tomate. Mit diesen Zutaten war die Brotdose durch Tina Hesse gefüllt, die sie am Freitag für ihre fast dreijährig­e Tochter vor dem Weg in die Kita zusammenge­stellt hatte.

Als Mitarbeite­rin der Abteilung Außer-Haus-Verpflegun­g beim Verein Thüringer Ökoherz achtet sie natürlich auf gesunde Ernährung. Genauso wie Sara Flügel, die seit acht Jahren im ökologisch­en Dachverban­d im Freistaat den Bereich leitet. Der Verein feierte wegen Corona mit etwas Verspätung am Samstag seinen 30. Geburtstag im Landgut Holzdorf bei Weimar. Mittlerwei­le hat dieser rund 400 Mitglieder, deren Ziel es unter anderem ist, den ökologisch­en Landbau in Thüringen weiter voran zu bringen.

Besonders in diesem Bereich gibt es noch Nachholbed­arf, wie auch Agrarminis­terin Susanna Karawanski­j einräumen musste. Im Freistaat macht der Ökolandbau trotz deutlicher Steigerung in den letzten Jahren nicht mal zehn Prozent (7,5) der Landwirtsc­haft aus. Dies ist wenig, auch im Vergleich zum Bundesdurc­hschnitt, der im zweistelli­gen Bereich (etwa 13 Prozent) liegt. „Wir müssen deshalb den Turbo anwerfen“, so die Linken-Politikeri­n. Dass das gelingt, hoffen Sara Flügel und Tina Hesse, die den Bio-Anteil bei der Verpflegun­g in Thüringer Einrichtun­gen als zu gering einstufen. Nicht nur in Krankenhäu­sern, Behörden und Seniorenhe­imen, sondern vor allem in Schulen und Kitas – in denen meist nicht mehr selbst gekocht wird.

Nicht mal ein Drittel der Schulen im Freistaat bieten Bio bei der Verpflegun­g regelmäßig an, so Tina Hesse. Die Ministerin sieht das Problem, sie fordert eine andere Bestellkul­tur und dabei auch mehr Mut aus der Unternehme­rschaft. In anderen Bundesländ­ern, wie Bremen, Berlin und Bayern, ist der Einsatz von Bio-Produkten in Kitas und Schulen selbstvers­tändlich, weil ein vorgeschri­ebener Mindestant­eil gesetzlich verankert ist. In Thüringen gibt es solche Vorgaben nicht, deshalb fehlt die Verbindlic­hkeit für Großküchen und Caterer.

In den Ausschreib­ungen sollten Mindestant­eile an Bio-Produkten gesetzlich gefordert werden, so Flügel. Zudem müsste gesunde Ernährung in Kitas und Schulen der staatliche­n Kontrolle unterliege­n. Dabei sollten die Lebensmitt­el aus der Region stammen und saisonal sein. Das würde auch dem Ökolandbau in Thüringen nutzen und mögliche Skepsis gegenüber der ihrer Meinung nach nachhaltig­sten Landwirtsc­haftsform verringern. Am Ende eines langen Jubiläumst­ages essen beide eine Bratwurst. Als ÖkoVariant­e natürlich – das bedeutet Bio von der Tierhaltun­g, über die Verarbeitu­ng bis hin zum Gewürz. Der Verein Ökoherz berät und unterstütz­t bei Anliegen zum erfolgreic­hen Einsatz von Bio-Lebensmitt­eln, auch direkt vor Ort. Neben der Umstellung­splanung zur Einführung von entspreche­nden Produkten zeigt er die Besonderhe­iten des Ökolandbau­s auf, weist auf den Verzicht von Dünger, Pestiziden und Gentechnik hin.

In der Brotdose an diesem Montag wird wieder Vollkornbr­ot sein. Den weiteren Inhalt der Dose will Tina Hesse in Absprache mit ihrer Tochter kurzfristi­g entscheide­n.

 ?? GERALD MÜLLER ?? Tina Hesse (links) und Sara Flügel.
Gerald Müller
Weimar.
GERALD MÜLLER Tina Hesse (links) und Sara Flügel. Gerald Müller Weimar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany