Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Zur Person

- Kerstin Claus

ist seit Ende März Missbrauch­sbeauftrag­te der Bundesregi­erung. 1969 in München geboren, arbeitete sie viele Jahre als Journalist­in, unter anderem für das ZDF. Sie ist nach eigenen Angaben selbst Betroffene von sexuellem Missbrauch. Seit 2015 beriet und schulte sie Politik und Institutio­nen zu Fragen von Prävention, Hilfen und Aufarbeitu­ng sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlich­en. Sie ist Grünen-Mitglied, verheirate­t und hat zwei Kinder. heg

tummeln, in der Verantwort­ung. Sie müssen prüfen, wie alt ihre User sind. Die Betreiber müssen sicherstel­len, dass das Kind wirklich erst 13 Jahre alt ist und nicht doch 43, sie müssen also einen Nachweis für die Identifika­tion der Person fordern, bevor jemand dort chatten darf. Zum anderen sollten Filter bemerken, welche privaten Daten Kinder hochladen – wie beispielsw­eise eine Telefonnum­mer. Auf Vermittlun­gsplattfor­men für Ferienwohn­ungen gibt es solche technisch gestützten Einschränk­ungen, damit Vermieter und Mieter sich nicht am Vermittler vorbei verständig­en können. Wenn wir solche Algorithme­n für wirtschaft­liche Interessen verwenden, müssen wir das doch erst recht tun, um unsere Kinder vor solch privaten Kontakten zu schützen.

Die EU-Kommission schlägt vor, dass Internet-Unternehme­n verpflicht­et werden können, die privaten Nachrichte­n all ihrer Nutzer nach illegalen Missbrauch­sdarstellu­ngen zu durchleuch­ten. Betrifft Chatdienst­e wie Whatsapp, Signal sowie E-Mail-Anbieter. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ich finde, es muss ein gestuftes Verfahren bei der Chatkontro­lle geben – wie weitgehend, da sind wir noch in der Diskussion. Klar ist aber: Wir müssen im Netz Kinder und Jugendlich­e besser schützen. Das Internet ist kein rechtsfrei­er Raum, daher brauchen wir auch dort Regeln und Grenzen, die ja in der analogen Welt auch selbstvers­tändlich sind.

Allein in Wermelskir­chen wurden jetzt 30 Terabyte Daten gefunden. Wer soll das alles auswerten?

Wir werden es ohne künstliche Intelligen­z nicht schaffen. Wir müssen filtern, welche Bilder bereits bekannt, welche neu und wo damit Kinder akut Gewalt ausgesetzt sind. Damit die Ermittlung­sarbeit darauf fokussiert werden kann, wo wir heute Kinder schützen können. Das muss Priorität haben. Vielleicht schaffen wir es am Ende nicht, jedem einzelnen Bild hinterherz­ujagen. Wichtiger ist für mich, Täternetzw­erke auszuheben und Kinder da rauszuhole­n.

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