Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Die Geduld mit Sané ist endlich
Der Bundestrainer gibt seinem Offensivspieler gegen Ungarn eine Denkpause. Deutliche Worte auch von Oliver Bierhoff
Leroy Sané sah makellos aus, als er gegen Mitternacht durch die Katakomben der Puskas-Arena in Ungarn schlenderte. Die auffällige Frisur saß, kein Tropfen Schweiß, kein Grashalm fand sich im Gesicht oder sonstwo. Das war ja auch kein Wunder, Sané hatte mit der Körperpflege in der Kabine keine große Mühe gehabt, weil er in den 90 Minuten zuvor wenig Schweißtreibendes verrichtet hatte.
Er hatte sich dieses dritte Nations-League-Spiel komplett von der Ersatzbank anschauen dürfen. Wobei, so ganz stimmt das nicht: Zwischenzeitlich hatte er sich mal warm machen dürfen, als die Partie dem Ende entgegen trudelte. Und dann hatte er sich wieder hingesetzt. Obwohl die deutsche Mannschaft sich schwertat, in Budapest so etwas wie ein ansehnliches und effektives Offensivspiel aufzuziehen, obwohl die Angriffe behäbig und uninspiriert waren.
Eine klare Ansage von Bundestrainer Hansi Flick an Sané. Der hat seine Fähigkeiten lange nicht mehr nachgewiesen: Die Rückrunde beim FC Bayern war schwach. In Italien (1:1) stand er dennoch in der Startelf, blieb aber komplett wirkungslos und wurde nach nicht einmal einer Stunde ausgewechselt. Gegen England (1:1) saß er auf der
Bank, kam in den letzten sieben Minuten und konnte nichts ausrichten. Und nun die (Denk)-Pause, die zeigt, dass Flicks Geduld endlich ist.
Das zeigten später auch die Worte von Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff, der gar nicht erst versuchte, die gewaltige Formkrise des Offensivspielers wegzudiskutieren. „Es ist für ihn keine leichte Situation“, meinte Bierhoff. „Wir helfen ihm, aber er muss sich auch selbst helfen. Am Ende muss man sich als Spieler herauskämpfen.“Der Bundestrainer hat einiges getan, er hat den Spieler gestreichelt, geschützt, gekitzelt – schon in der Zeit beim FC Bayern. „Hansi ist sehr kommunikativ, sehr aufbauend, versucht immer wieder, Spieler für sich zu gewinnen“, sagte Bierhoff. „Aber irgendwann muss man auch sagen: Das ist es jetzt – und dann muss ein Spieler auch etwas draus machen.“
Aber ist Sané bereit dazu? Die jüngsten Auftritte werfen Zweifel auf. In Budapest kam er über fünf Minuten später als alle anderen Mitspieler zum Aufwärmen auf den Rasen. Als er sich gegen Ende etwas dehnen durfte, wirkte er nicht sonderlich engagiert – wie überhaupt die gesamten zurückliegenden Wochen: Wann immer Journalisten beim Training der Nationalmannschaft zuschauen durften, sahen sie einen spannungsarmen Sané. Kein gutes Zeichen.