Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Herausforderungen für alle
Im Wartburgkreis mühen sich Behörden und Menschen weiter um die Ukraine-Flüchtlinge
syrische Flüchtlinge in diesen Wochen und Monaten etwas bedröppelt sind, kann Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) gut verstehen. Was seit dem Beginn des Krieges für Flüchtlinge aus der Ukraine hierzulande getan wird, hatten Flüchtlinge aus dem Syrienkrieg vor Jahren so nicht in Anspruch nehmen können. Da könne man sich schon mal als Flüchtling zweiter Klasse fühlen.
Gemeinsam mit Kreisbeigeordnetem Martin Rosenstengel (CDU) und zuständigen Mitarbeitern der Stadtverwaltung verschaffte sich Wolf am Montag einen Eindruck vom Leben in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge an der Ernst-Thälmann-Straße. 145 der insgesamt 367 in Eisenach lebenden Ukraine-Flüchtlinge haben hier eine vorläufige Bleibe, berichtet Carolin
Hojni, die Teamleiterin der Sozialarbeiter in diesem Bereich.
Wie lange „vorläufig“tatsächlich ist, ist ungewiss. Es ist schwierig, den Menschen eine Bleibeperspektive zu verschaffen. Vieles ist ungewiss, weil mit der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen viele Herausforderungen verbunden sind. Über allem, so die Hausleitung der Unterkunft, steht die Kommunikation, die Sprachbarriere.
Es fehlt an Sprachkursen. Anbieter wie Sprache & Bildung haben keine Kapazitäten mehr, suchen nach Personal, weiß Integrationsmanagerin Nicole Päsler. Ein Integrationskurs zieht sich über ein halbes Jahr, sechs Monate mit viel Ungewissheit für die Menschen aus der Ukraine. Das schlägt auch auf die Psyche der Frauen, Kinder und auch Männer. Es bräuchte mehr psychosoziale Beratung. Aber woher nehmen? Mit der Lage seien viele Flüchtlinge überfordert, nicht zuletzt mit dem Nichtstun.
Seit Wochen nimmt die Zahl der spontanen Ankünfte in der Gemeinschaftsunterkunft ab. Das Kommen und Gehen halte sich aber etwa die Waage, sagt Carolin Hojni. Viele der 145 an der ThälmannStraße lebenden Menschen seien seit Monaten hier. Derzeit kämen mehr ältere Menschen an.
Es fehlt mehr denn je an Wohnungen
Es fehlt an Wohnungen. Der Wartburgkreis, so Martin Rosenstengel, tue da, was in seinen Kräften steht, greife nach jedem Strohhalm. Aber der Wohnungsmarkt sei eben dünn. Die Turnhallen in Tiefenort und Marksuhl blieben als Notunterkünfte vorerst noch erhalten.
Der Kreis übernimmt die Kosten der Unterkunft. Für Flüchtlinge, die erwerbsunfähig sind, etwa alte Menschen, zahle er auch die Krankenversicherung und hofft, das Geld vom Land erstattet zu bekommen. Die Kostensteigerungen belasten alle Seiten, sagt Rosenstengel. Aber Geld ist nicht alles.
Im ländlichen Gebiet funktionierten die Netzwerke, leisteten Menschen weiterhin große Hilfe, gäbe es in Kitas gar schon Gruppen mit ukrainischen Kindern. In Eisenach mit deutlich mehr Geflüchteten sieht das etwas anders aus, weiß Nicole Päsler. Menschen aus der Ukraine wollen eben in Städte, wissen alle Beteiligten.
Die medizinische Versorgung der Flüchtlinge sei gewährleistet. Ärzte im St. Georg-Klinikum seien mittlerweile auch gewappnet, wenn Menschen mit körperlichen Kriegsverletzungen kämen. „Das wird eines der nächsten Themen“, prognostiziert Nicole Päsler.