Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Über die Grenzen der Kunstfreiheit
Die 15. Ausgabe der Documenta in Kassel ist eröffnet
Zur Eröffnung der Weltkunstausstellung Documenta in Kassel hat Bundespräsident FrankWalter Steinmeier auf Grenzen der Kunstfreiheit hingewiesen. „Ich will offen sein: Ich war mir in den vergangenen Wochen nicht sicher, ob ich heute hier sein würde“, sagte er am Samstag mit Blick auf die Antisemitismus-Debatte um die diesjährige Schau in seiner Eröffnungsrede.
Dem indonesischen Kuratorenkollektiv Ruangrupa war vorgeworfen worden, auch Organisationen einzubinden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützten oder antisemitisch seien. Selten habe eine Documenta im Vorfeld eine so heftige und kritische Debatte hervorgerufen wie die diesjährige, sagte Steinmeier.
„Wir alle wissen: Kunst ist nicht streitfrei zu haben“, betonte er nach einem Rundgang durch einige Ausstellungsräume. Die Kunstfreiheit sei ein wichtiger Pfeiler demokratischer Gesellschaften, habe aber auch ihre Grenzen. „Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen“, sagte Steinmeier.
Kritik an israelischer Politik sei erlaubt. „Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten.“Er habe im Vorfeld der Schau „manchen gedankenlosen, leichtfertigen Umgang mit dem Staat Israel“beobachtet, sagte er weiter. Die Anerkennung Israels sei in Deutschland aber Grundlage und Voraussetzung der Debatte.
Steinmeier eröffnete die „documenta fifteen“bei strahlendem Sonnenschein. Zu seiner Ankunft hatten sich Hunderte Menschen vor dem Fridericianum in der Innenstadt von Kassel versammelt.
Zur 15. Ausgabe hat das kuratierende Kollektiv Ruangrupa 14 Kollektive, Organisationen und Institutionen sowie 54 Künstlerinnen und Künstler ausgewählt. Diese haben weitere Kollegen eingeladen. In diesem Jahr ist die 100-Tage-Ausstellung über 32 Standorte in Kassel verteilt. Die Schau dauert bis zum 25. September. Das Tagesticket kostet 27 Euro. dpa