Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Edgar Wibeau kehrt zurück
Und Jugendliche tanzen zu Ravels „Bolero“: Theater Eisenach stellt Spielzeit 2022/23 vor
Eisenach. Das ist eine überraschende und bestenfalls mehr nonkonformistische als nostalgische Spielplanposition: Nach bald vierzig Jahren kehren Ulrich Plenzdorfs „Die
neuen Leiden des jungen W.“ans Landestheater Eisenach zurück.
Die Geschichte des siebzehnjährigen Rebellen Edgar Wibeau, die Goethes Werther apostrophierte, war das Jugendstück zur Lage der DDR. Götz Schweighöfer spielte ihn seit 1984 in Eisenach. Um ein Autogramm des 2021 gestorbenen Schauspielers (Onkel Matthias Schweighöfers) standen Mädchen damals Schlange, so die Chroniken.
Juliane Kann, die Konstantin Küsperts „Sklaven Leben“in Meiningen mäßig, Kafkas „Verwandlung“in Weimar aber glänzend auf die Bühne brachte, inszeniert das neu. Das ist laut Chefdramaturg Christoph Macha „unser Beitrag, über Jugendkultur der DDR zu sprechen.“Und man reagiere so auf Wünsche aus der Lehrerschaft. Das das Programm im Jungen Schauspiel für 2022/23 reagiert und reflektiert auch insgesamt: Erfahrungen der ersten Spielzeit unter Chefin Jule Kracht betreffend, wie diese bestätigt. Sie hatte sich mit „Bambi“als anspruchsvollem Weihnachtsmärchen mal „was getraut“. Für kommenden Advent setzt man Katharina Brankatschks komödiantische und moderne „Der Wolf und die sieben Geißlein“-Version aus dem Neuen Theater Halle/S. (2019) um – sowie Jule Kracht selbst zuvor ihre Preußler-Inszenierung „Krabat“, die 2017 in Regensburg herauskam.
Deutschsprachige Erstaufführung und eine eigene Uraufführung
In der Provinz, in einer „Scheißgegend“, spielt „Bromance“. Das Jugendstück des Holländers Joachim Robbrecht, für drei Herren sowie über eine homosexuelle Liebe, kommt als deutschsprachige Erstaufführung nach Eisenach. Als Parcours durchs Haus inszeniert Christoph
Macha „Unterm Kindergarten“, worin Eirik Fauske Wal und Giraffe nach vergehendem und werdendem Leben graben lässt. Und als eine „Revue zum ganz großen Glück“kündigen die Eisenacher den Abend „Grand Hotel“als Uraufführung von eigener Hand an. Kooperation mit Theater Erfurt bei „Zorbas“von Theodorakis
Zu klären hat das Haus den „Spagat im Jungen Schauspiel“, so Intendant Jens Neundorff: im Abendspielplan „identitätsstiftend für die Stadt zu sein“, Kinder und Jugendliche aber vormittags zu erreichen. Zwecks Entlastung liefert Meiningen, wo Neundorff ebenfalls Chef ist, mit „Antigone“erstmals seit fünf Jahren ein Schauspiel zu, während Rudolstadt erneut mit vier Stücken gastiert: „Der zerbrochne Krug“von Kleist, das Songdrama „Ewig jung“, „Die Verteidigung der Gummibären“nach Gerhart Polt und „Die Kehrseite der Medaille“. Meiningen bietet in Eisenach zudem Brigitte Fassbaenders RossiniInszenierung „Der Barbier von Sevilla“und das Musical „Der Graf
von Monte Christo“neu an. In letzterem ist Eisenachs Ballett ohnehin vertreten. Es bringt seinerseits, choreographiert von Andris Plucis, Adolphe Adams „Giselle“heraus.
Auf Wunsch Guy Montavons, der diesen Dienstag eine „griechische“Spielzeit in Erfurt vorstellt, tanzt man zu Mikis Theodorakis’ Musik
„Zorbas“, mit Chor und Orchester. Und im Zentrum des dreiteiligen Abends „Total Dance“treten Jugendliche zu Ravels „Bolero“auf.
Zeitgenössisches und Klassisches treffen sich häufig in Konzerten der Thüringen-Philharmonie GothaEisenach. Péter Eötvös’ „Dialog mit Mozart“erklingt vor der JupiterSinfonie, Jongsung Oh’s „Hommage an Liszt“in der Gala zur LisztBiennale, Avner Dormans Gitarrenkonzert zwischen Sibelius und Berlioz. In einer sechsteiligen Kammermusik-Reihe spielt auch das eigene Barockensemble, mit Midori Seiler.